Satte 80 Prozent aller Gäste, die eine Hotel-Leistung buchen, informieren sich zuvor im Internet, Tendenz steigend. Doch Online-Marketing im Tourismus ist mehr als Banner und Adwords-Kampagnen. SPA WORLD Business hat mit führenden Experten über diesen Bereich gesprochen.
Hoher Stellenwert
72 Prozent der Anfragen erreichen die Hoteliers über das Anfrageformular auf den Websites der Hotels, 22 Prozent der Anfragen kommen per E-Mail, nur 5,5 Prozent sind telefonische Anfragen. Diese Zahlen hat der Tourismus-Consulter Kohl & Partner in einer aktuellen Aussendung verlautbart. Aus 35.500 Anfragen wurden immerhin 9.900 fixe Reservierungen, das heißt, diese Betriebe erstellen 3,5 Angebote, um eine fixe Reservierung zu erhalten bzw. bedeutet dies, dass aus rund 28 Prozent der Anfragen eine fixe Buchung wurde. Geht man davon aus, dass zweisaisonale 4-Sterne-Hotels mit 50 bis 120 Betten im Schnitt rund vier Euro pro Nächtigung an Marketing-Kosten ausgeben, so bedeutet das, dass für eine Anfrage im Falle der untersuchten Betriebe nur rund 1,10 Euro an Marketingaufwand notwendig war, rechnet der Consulter vor.
Eigene Homepage als Basis
Generell erfüllt Online-Marketing so wie alle anderen Formen des Marketings zwei wesentliche Funktionen: einerseits sollen Neukunden gewonnen, andererseits Stammkunden gebunden werden. ?Wer heute einen Urlaub bucht, zieht das Internet zurate. 80 Prozent aller Gäste, die eine Hotel-Leistung buchen, holen sich zuvor im Internet Informationen über ihr Reiseziel ein. Jeder zweite Gast informiert sich mittlerweile auf Hotelbewertungsportalen über seine Unterkunft?, bringt es Michael Egger, Geschäftsführer der Agentur eTouristik, auf den Punkt. Als Basis für jegliche Online-Marketing-Aktivitäten ist einzig und allein die eigene Homepage zu sehen. ?Die Funktionalität der Website steht dabei im Vordergrund, Schönheit und technische Features sind zweitrangig?, betont Tourismus-PR-Berater Oliver Pichler im SPA-WORLD-Interview. Die besten Online-Kampagnen verpuffen, wenn die eigene Homepage die geforderten Informationen für den potenziellen Kunden nicht bereitstellt. Hier liegt auch der Fehler von vielen Tourismusbetrieben, die zwar in Online-Tools wie Bannerwerbung oder Adwords investieren. Wenn der User dann jedoch auf der verwaisten Hotel-Homepage landet, wendet sich der potenzielle Kunde mit Schrecken wieder ab.
Eigenes Schaufenster
?Online-Marketing dient somit in erster Linie als ?Schaufenster? des Betriebes mit der Möglichkeit, aber bereits sehr individuell ein wenig zu gustieren und zu probieren. Das können virtuelle Walks, Bilder, Packages und Angebote et cetera sein. Damit wird das Kernproblem des Tourismus ? dass das Produkt eigentlich vor dem Kauf nicht probiert werden kann ? ein wenig entschärft?, erzählt Arnold Oberacher, Geschäftsführer und Partner der Tourismus.Consulting GmbH con.os.
Hausverstand vs. High-Tech
Bei der Erstellung der eigenen Homepage lauern auch schon die ersten Gefahren. Viele Hotelbesitzer haben Berührungsängste, wenn es um neue Medien wie Internet, Homepage & Co geht. Wenn diese sich dann beraten lassen, macht sich oft Überforderung breit. Das Ergebnis: eine Homepage, die zwar vielleicht technisch auf höchstem Niveau erstellt wurde, jedoch nicht authentisch die Inhalte wiedergibt, die der potenzielle Kunde jedoch gerne hätte. Es ist daher jedem Hotelier dringend zu raten, sich mit der eigenen Homepage intensiv zu beschäftigen, Berührungsängste abzubauen und sich dem Web-Consulter nicht auszuliefern.
Qualifizierte BesucherInnen
Steht einmal die eigene Homepage, kann über weitere Online-Marketing-Maßnahmen nachgedacht werden. Klassisches Online-Marketing wie Adwords oder Banner können hier nur als Basis für den weiteren Erfolg dienen. ?Diese Strategien verschaffen der Hotelwebsite Besucher ? aber welche Art von Besucher? Ist der Besucher auf der Website, weil er sich für das Produkt des Hotels interessiert oder hat er über die Bildersuche in Google zum Beispiel ein Winterpanorama von Kitzbühel gesucht? Das unterscheidet den qualifizierten vom nicht-qualifizierten Besucher. Und genau hier trennt sich im Online-Marketing die Spreu vom Weizen?, führt Egger aus. Ziel jeder Online-Kampagne muss es für Egger daher sein, qualifizierte Besucher auf die Website zu lenken, die sich für das Angebot des Hotels auch interessieren. Denn nur eine Steigerung der Besucherzahlen garantiert noch lange nicht eine Steigerung der Buchungszahlen. Um das zu erreichen, muss hinter jeder Online-Kampagne ein passendes Produkt stehen, das der Gast auch buchen kann. ?Andererseits müssen diese Kampagnen zielgruppenorientiert ausgerichtet sein. Außerdem müssen weitere Online-Vertriebskanäle und Vermarktungsstrategien mit in das gesamtheitliche Werbekonzept einfließen. Erst wenn ein stimmiges Produkt über ein darauf abgestimmtes Werbekonzept vermarktet wird, führt das zum gewünschten Erfolg ? nämlich zur Buchung?, so Egger.
Aktualität, Attraktivität und Intensität
?Die Aktualität ist entscheidend. Der Konsument muss den Eindruck einer tagesaktuell gewarteten Homepage haben.? (Charlotte Rettenbacher-Ludwig)
Als weitere Erfolgsfaktoren werden von den Experten Aktualität, Attraktivität und die Intensität genannt. Oberacher zum Thema Attraktivität: ?All zu oft wird im Online-Marketing die Chance gesehen, ?umfassende Information? zu vergleichsweise geringen Kosten ? im Gegensatz zu Drucksorten, Print-Mailings et cetera ? zu kommunizieren, was in textlastigen, umfassenden Beschreibungen und Info-Friedhöfen endet. Online-Marketing ist eben in jeder Form ? ob als Homepage, Newsletter et cetera ? ein Marketing-Instrument und muss Botschaften und nicht Text sowie Emotionen und nicht Beschreibungen vermitteln, weil nur diese zum (Wieder-)Kauf motivieren.? Aber auch die Intensität darf nicht zu hoch sein, denn Kunden werden oft mit Informationswellen ?ertränkt?. Ebenso muss die Homepage immer einen aktuellen Eindruck hinterlassen. ?Die Aktualität ist entscheidend. Der Konsument muss den Eindruck einer tagesaktuell gewarteten Homepage haben?, sagt Charlotte Rettenbacher-Ludwig, Geschäftsführerin der PR Plus GmbH.
Abheben vom Einheitsbrei
Um sich aus der Masse der Anbieter auch erfolgreich abheben zu können, ist außerdem Spezialisierung gefragt. Besonders im Premiumbereich wird die Luft immer dünner. ?Ich muss dem Gast einen echten und glaubhaften Mehrwert bieten, damit er sich nicht für das Konkurrenzhotel entscheidet. Man kann nicht Seniorenhotel und Kinderhotel zugleich sein, Spezialisierung bedeutet, dass ich mich auf ein Thema konzentrieren muss?, so Egger. Wenn dieser Schritt geschafft wurde, dann beginnt die Umsetzungsphase im Haus. Glaubhaft ein Produkt zu verkaufen bedeutet, dass das Mitarbeiterteam entsprechend geschult ist und mit der Zielgruppe umzugehen weiß. Die Hardware allein reicht dem Gast schon lange nicht mehr. Tourismus ist Dienstleistung und die will der Gast entsprechend inszeniert sehen. So kann ich auch aus wenig Hardware sehr viel machen. ?Das Marketing nach außen startet nach der Festlegung der Ausrichtung. Zum Unterschied von vorher wird die Marketingarbeit für den Hotelier plötzlich viel leichter. Jetzt hat er endlich eine Zielgruppe und nicht mehr nur Gäste. Das bedeutet, dass sein meist bescheidenes Werbebudget ganz zielgerichtet eingesetzt werden kann, da er nicht mehr alles bewerben muss?, setzt Egger fort.
?Die Funktionalität der Website steht im Vordergrund, Schönheit und technische Features sind zweitrangig.? (Oliver Pichler)
Doch nicht nur das eigene Schaufenster muss beachtet werden, auch die externen ? sowohl selbst- als auch fremdgestaltete Schaufenster ? spielen eine wesentliche Rolle. Hierzu zählen Präsentationen und Auftritte bei Buchungsplattformen und Vertriebssystemen wie etwa tiscover oder auch Online-Schaufenster, die nicht im Einflussbereich des Hoteliers liegen, wie Foren, Bewertungsseiten und Rankingportale wie hotelcheck.de.
Überschätzte Tools
Dennoch warnt Egger davor, spezielle Tools wie Bannerwerbung und Suchmaschinenoptimierung zu überschätzen: ?Das alleine reicht nicht aus, um Hotelbetten zu füllen. Wir empfehlen zusätzlich zu den Werbeschaltungen bei Google und zur Suchmaschinen-Optimierung weitere Marketing-Tools: Klickstarke Tourismusportale, Global-Distribution-Systeme, Auktionsverkäufe und Soziale Netzwerke, um nur vier weitere Möglichkeiten zu nennen.?
Stammgastbetreuung
Aber auch bei der Stammgastbetreuung ergibt sich durch Online-Marketing eine Vielzahl an Möglichkeiten. Der Newsletter ist ein optimales Tool, um Stammkunden bzw. Kunden, die zumindest bereits einmal Kontakt mit dem Hotelbetrieb hatten, regelmäßig zu informieren. Dieses Tool wird von vielen Betrieben noch nicht bzw. nicht ausreichend genutzt, sagen die Experten einhellig.
?Ich muss dem Gast einen echten und glaubhaften Mehrwert bieten, damit er sich nicht für das Konkurrenzhotel entscheidet.? (Michael Egger)
Fact-Box ?Erfolgsfaktoren im Online-Marketing?
Authentische Homepage, die die wesentlichen Fragen (Preis, Zimmer, Besonderheiten) beantwortet und einen emotionalen Eindruck hinterlässt
Klassisches Online-Marketing in Abstimmung mit dem eigenen Personal
Bewerbung qualifizierter Besucher, die auf die Homepage gebracht werden sollen
Abheben vom Einheitsbrei durch Spezialisierung
Aktualität der Online-Angebote
Intensität: Weniger ist mehr