Sommerzeit ist Bikinizeit
Sendet der Frühling seine ersten, zarten Boten aus, dann beginnt auch der Startschuss, um den Körper sommerfit zu trainieren. Auch das leidige Frauen-Thema Cellulite hat dann Hochkonjunktur. Diese an der Hautoberfläche sichtbaren Dellen resultieren aus Vorwölbungen des Fettgewebes in die Hautschicht. Bevorzugte Stellen: an Oberschenkeln und Gesäß. „Der Aufbau von Fett und Bindegewebe ist bei Frauen weniger stabil und dehnbar als bei Männern“, erläutert Nicola Otte, Fachärztin für Dermatologie und Lasermedizin am Dermatologikum Hamburg. Die Bindegewebsfasern sind bei Frauen dünn und größtenteils senkrecht zur Hautoberfläche angeordnet. Dadurch werde den Fettzellen wenig Widerstand geboten und es falle ihnen leicht, sich in die angrenzende Hautschicht abzusetzen. Besonders begünstigt wird die Entwicklung von Orangenhaut durch Übergewicht und den Einfluss von Östrogenen. „Auch Bewegungsmangel und eine ungesunde Ernährung können die Ausprägung fördern“, erzählt Sarah Schretzmair, Heilpraktikerin und Kosmetikerin aus Düsseldorf. Doch die Orangenhaut kann zumindest etwas ausgebügelt und bekämpft werden. „Ich empfehle grundsätzlich eine ganzheitliche Therapie durch körperliche Bewegung, gesunde Ernährung und gute Kosmetika“, sagt Beauty-Expertin Natalia Mikova. Sie rät zu Produkten mit einem hohen Koffeinanteil oder mit Algen-Extrakt. Gecremt werden sollte aber nicht nur während der Badesaison, sondern das ganze Jahr über. Dazu sollte man das Gewebe durch regelmäßige Basenbäder oder Body Wrappings entschlacken. Doch ein Heilmittel für Cellulite gibt es noch nicht: „Peelings, Cremes und Gels verfeinern die Hautoberfläche und pflegen sie zusätzlich. Eine vollständige Beseitigung von Cellulite-Dellen ist mit einer rein oberflächlichen Behandlung aber nicht möglich, denn diese wirkt nur unterstützend“, betont Nicola Otte. Bei der weiteren Verbesserung des Hautbildes können Geräte helfen, die mit Radiofrequenzen in der Tiefe der Haut wirken. „Aktuell spricht man ihnen die höchsten Erfolgsaussichten zu“, erläutert Fachärztin Nicola Otte. Aber auch Massagen verbessern die Durchblutung und regen den Lymphabfluss an.
Sport und gesunder Lebensstil
Doch ganz gleich, wie viel man in teure Kosmetika investiert, ohne eine gesunde Lebensweise gibt es keinen sichtbaren Erfolg gegen Orangenhaut. „Generell wird Cellulite durch den Konsum von Zigaretten, Alkohol und Medikamenten verstärkt“, sagt Sarah Schretzmair. Auch Lebensmittel, die viel Zucker enthalten, sollte man möglichst meiden. Bei Mineralwasser ist ein hoher Kalziumanteil gut: „Zwei Liter Wasser am Tag, am besten ohne Kohlensäure, regen den Stoffwechsel an und spülen den Körper regelrecht durch“, ergänzt Natalia Mikova. Ausdauersport hat laut Mikova einen weiteren Effekt. Gerade wenn man mit einer Diät schnell Gewicht verliert, leidet die Haut unter den Folgen. Die Pfunde sind schnell verloren – aber die Haut kommt nicht nach und bildet sich zu langsam zurück. Wer den Weg der gesunden Ernährung wählt und vernünftig abnehmen möchte, versorgt seine Haut mit wichtigen Vitaminen und Mineralstoffen, was sie gesünder aussehen lässt. Die Rückbildung der Haut kann man durch verschiedene gesundheitliche Maßnahmen unterstützen. Sport unterstützt nicht nur die Gewichtsabnahme, sondern kräftigt auch das Bindegewebe und strafft die Haut. Dabei ist es wichtig einen Sport zu wählen, der den gesamten Körper stärkt. Das kann zum Beispiel mit Krafttraining oder Gymnastik erreicht werden. Zusätzlich bietet sich noch ein Ausdauertraining in Form von Laufen oder Walken an – um viel Energie zu verbrennen und gleichzeitig die Beine zu straffen. Neben Sport und gesunder Ernährung kann die Massage ebenfalls das Gewebe verbessern. Durch einfache, aber regelmäßige Bürstenmassagen wird die Durchblutung der Haut gefördert und das Gewebe wird gestrafft. Trotz aller angeführten Maßnahmen kann es aber gerade in der Bauchgegend und an den Oberschenkeln bei Übergewicht zu einer so starken Überdehnung kommen, dass eine Rückbildung mit natürlichen Mitteln nicht mehr möglich ist.
Wie entsteht Orangenhaut?
Cellulite sind eingelagerte, aufgeblähte Fettzellen im Unterhautfettgewebe an Beinen, Po, Bauch und Oberarmen. Normalerweise weisen diese Fettzellen eine Größe von 1 bis 2 mm auf. Bei Orangenhaut können sie jedoch das Zehnfache ihrer ursprünglichen Größe erreichen. In den aufgeblähten Fettzellen sind im Fall von Cellulite Schlackenstoffe abgelagert. Diese wiederum sind „lymphpflichtig“ – das heißt: Sie werden nicht über den Blutkreislauf, sondern über das Lymphsystem abtransportiert. Ausreichend fließen Lymphe nur bei ständiger Bewegung. Dann nämlich drücken die Muskeln von innen die Lymphgefäße gegen die Haut nach außen. Diese Muskelpumpe braucht jetzt den Gegendruck einer straffen Haut und eines intakten Bindegewebes, um richtig zu funktionieren – und genau hier liegt das Problem. Es gibt nämlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder man hat ein straffes Bindegewebe oder man leidet an Cellulite.
Behandlung mit dem Vacustyler
Eine neuartige Behandlung der unteren Gliedmaßen – entdeckt vom Institut für Weltraumforschung – führt zum Abbau von Cellulite. Dabei verschwindet der Unterkörper in einer Röhre, in der abwechselnd Druck und Unterdruck erzeugt wird. In jeder Unterdruck-Phase weiten sich die Arterien in der Haut – Plasma und Wasser strömen ein; die Venen und Lymphgefäße saugen sich voll. In jeder Druck-Phase werden die Venen und Lymphgefäße dann ausgepresst; Kohlendioxid und Schlackenstoffe werden in Richtung Rumpf abtransportiert. Dieses „externe Lymphherz“ wird auch Vacustyler genannt; dabei handelt es sich um einen modifizierten LBNPD („Lower Body Negative Pressure Device“), wie er auch von Astronauten im Weltall verwendet wird.
Akustische Wellentherapie
Eine andere effektive Behandlungsmethode stellt die akustische Wellentherapie dar. Diese läuft wie folgt ab: Im ersten Schritt beginnt die Gewebe-Aufbereitung. Hier wird vor der Behandlung ein angewärmtes Gel auf die jeweilige Zone aufgetragen, damit der Schallkopf („Deep Impact“) sanft über den Körper gleiten kann. Danach wird die Körperzone mit dem „Deep Impact“ behandelt. Durch Schallwellen werden die Fettzellen im Gewebe geöffnet und die Entschlackung angekurbelt. Dabei wird eine Position im Stehen empfohlen, da hier die Durchblutung angeregter ist als beim Liegen. Im zweiten Schritt wird das Gel entfernt und die Behandlungszone mit einem aromatischen Aloe-Vera-Öl eingeölt. Anschließend wird mit dem „V-Actor“ (Massagegerät) eine Lymphmassage durchgeführt, um den Stoffwechsel anzuregen. Das Spezial-Treatment dauert pro Körperzone (Bauch, Po, Oberschenkel, Oberarm) zirka 15 bis 20 Minuten. Nach den ersten Behandlungen können bereits Erfolge verbucht werden: So wurde ein nachweislicher Abbau von Fettdepots erzielt und der Umfang der behandelten Körperzonen reduziert. Das Hautbild wurde deutlich verbessert und straffer. Darüber hinaus wurde die gesamte Durchblutung des Körpers angeregt.
Das Hautbild der Frau
„Die Haut ist bei einer Frau anders strukturiert als beim Mann. Die Hautschichten, in denen das Bindegewebe liegt, sind dünner. Außerdem verlaufen die Fasern, aus denen das Bindegewebe besteht, nicht wie beim Mann kreuzweise, sondern parallel. Dadurch entstehen größere Fettkammern“, so Dr. Christian Feinböck vom österreichischen Roten Kreuz. Wenn sich diese Kammern vergrößern oder nicht mehr ausreichend vom Bindegewebe gehalten werden können, spricht man von Cellulite oder Orangenhaut. Gründliche Untersuchungen der Cellulite in der John-Hopkins-Universität in Baltimore haben gezeigt, dass es sich wirklich nur um Fett und nicht, wie früher angenommen, auch um Wasser- und Schlackeablagerungen handelt, welche die so unbeliebte Orangenhaut zum Vorschein bringt.
Uneinigkeit bei Methoden
Der Apotheker Dr. Hartmut Neufang konstatiert folgende Problematik bei der Cellulite-Forschung: „Die Studienlage ist leider nicht eindeutig. Nur wenige Untersuchungen stützen die oft kostenintensiven Massagen mit verschiedenen Geräten. Eine gewisse Wirkung kann auf jeden Fall erwartet werden, da alle Methoden zu einer verbesserten Durchblutung und einer Anregung des Lymphflusses führen. Eine Studie an der Universität von Ankara konnte sogar eine Reduktion der Fettgewebsdicke durch Massagen nachweisen. Die gerätebasierte Massage war dabei nicht signifikant besser als Massagen ohne Gerät. Wichtig ist, dass durch die Massage der Lymphrückfluss angeregt wird. Dies kann mit Hilfe von Massagegeräten, aber auch durch Massagetechniken ohne Gerät erreicht werden.“ Inhaltsstoffe wie zum Beispiel Koffein können im subkutanen Fettgewebe die Fettgewebsspaltung unterstützen. Vitamin A (Retinol) fördert die Kollagenneubildung und Vitamin B 3 unterstützt den Hautstoffwechsel und die Durchblutung. Vitamin E ist sinnvoll zur Verbesserung der Elastizität des Bindegewebes, das bei ausgeprägter Cellulite auch verhärtet erscheinen kann. Nach einem Patentrezept wird derzeit noch fieberhaft gesucht, aber die Faktoren Disziplin und Konsequenz bei der Behandlung sind beste Voraussetzungen für ein zufriedenstellendes Resultat.
Ob Cellulite wirklich verschwindet und welche Maßnahmen tatsächlich helfen, erklärt Schönheits-Expertin Prof. Dr. Martina Kerscher, Dermatologin und Expertin für Kosmetik und Körperpflege an der Universität Hamburg.
F:Verschwindet Cellulite automatisch, wenn man abnimmt?
Prof. Kerscher: Leider nicht automatisch, denn die Bindegewebsstruktur im Unterhautfettgewebe muss gekräftigt werden – weniger Kilos können die Cellulite zwar verbessern, aber nicht beseitigen.
F:Halten Anti-Cellulite-Cremes wirklich das, was sie versprechen?
Prof. Kerscher: Es gibt Cremes, die das Hautbild deutlich glätten können. Besonders wirksam und gut untersucht sind die Inhaltsstoffe Koffein und Vitamin A.
F:Reicht es dann aus, die Problemstellen ausschließlich mit Cremes zu behandeln?
Prof. Kerscher: Nein. Zusätzlich ist regelmäßiger Sport wichtig – besonders Beintraining und viel Bewegung im Alltag – und natürlich eine vitaminreiche und gesunde Ernährung.
Abnehmen und Cellulite
Dr. Tanja Werner, Ernährungswissenschaftlerin in München mit den Schwerpunkten Supplementierung von Mineralstoffen/Spurenelementen und Physiologie des Säure-Basen-Haushalts, erläutert, warum beim Abnehmen das Risiko für die Orangenhaut-Bildung steigt:
„Durch das Abnehmen werden Fettreserven abgebaut. Das bedeutet, auch das Unterfettgewebe kann sich strukturell verändern. Zusätzlich kann überschüssig gebildete Säure im Bindegewebe deponiert werden. Durch die Einlagerung von Säure verringert sich die Fähigkeit des Bindegewebes, Wasser zu binden. Elastizität und Funktion des Bindegewebes nehmen ab. Dieser Effekt wird für die Entstehung der Cellulite (Orangenhaut) mitverantwortlich gemacht. Die Zufuhr basischer Mineralstoffe in Kombination mit anderen entsäuernden Maßnahmen, beispielsweise einer Energie-Kur, Saunabesuchen und Massagen, kann sich daher günstig auf das Hautbild auswirken.“
©WELLNESS WORLD Business 2/2012