Am Fasten scheiden sich die Geister. Einige sehen darin eine einfache Möglichkeit, überschüssige Kilos in kurzer Zeit wieder abzunehmen, andere fasten regelmäßig aus Überzeugung ? der Gewichtsverlust spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Fasten ist eine Form menschlicher Kultur in Gestalt der Askese. Allgemein gesehen strebt man durch Fasten mittelst bewusster und freiwilliger Beschränkung von Nahrungsaufnahme eine Ausweitung der psychischen und sozialen Kontrolle, der Macht, des Bewusstseins und/oder der Demut an. Fasten ist in allen Religionen ein Schwerpunkt und kommt in verschiedensten, oft festgelegten Formen vor: auf bestimmte Zeitabschnitte bezogen, kollektiv oder individuell, als völliger oder teilweiser Verzicht auf Nahrungsmittel sowie auf bestimmte Dinge wie Genussmittel, Fleisch oder Alkohol. Frank Werny, Arzt für Allgemeinmedizin und diplomierter ?F. X. Mayr-Therapeut?, betreut Patienten und Fastenwillige seit einiger Zeit auf dem anfangs oft schwierigen Weg: ?Fasten ist ein bewusster Verzicht, eine Befreiung aus einer Abhängigkeit zur Festigung des Charakters und hat nichts mit Gewichtsreduktion zu tun.? Der österreichische Arzt Franz Xaver Mayr (1875?1965) betrachtete eine falsche Ernährungsweise als Gesellschaftskrankheit. Wir essen zu viel, zu schwer, zu fett und zu spät, was zu einem verminderten Wohlbefinden und schließlich zu Zivilisationskrankheiten führen kann. ?Oberste Priorität beim Fasten sollte eine Änderung des Lebensstils sein?, rät Werny. Denn sonst stellt sich der berühmte JoJo-Effekt ein.
?Entschlackung ? Entgiftung ? Regeneration?
Fasten kann bei vielen Krankheiten Linderung oder Heilung bringen. Die meisten Fastenmethoden beginnen mit einer Reinigung des Darms. Durch Einnahme von Salzlösungen oder durch Einläufe werden alle Verdauungsreste ausgeschwemmt. Innerhalb der ersten drei Tage stellt sich der Körper dann auf ?innere? Ernährung um. In diesen drei Tagen kann es auch zu unangenehmen Begleiterscheinungen, so genannten Fastenkrisen kommen. Das Hungergefühl verschwindet ebenfalls in dieser Zeit. Dabei gilt: ?Wer richtig fastet, der hungert nicht.? Nach dieser Umstel-lungsphase lebt der Körper von seinen Reserven und so genannte ?Schlacken? werden abgebaut. Damit sind Stoffwechselprodukte gemeint, die sich im menschlichen Organismus abgelagert haben und nun ausgeschieden werden. Nach der Umstellungszeit steigt dann auch das Wohlbefinden wieder. ?Fas-ten kann jeder, es kommt jedoch auf den Typ an, ob man strenges Fasten, wie zum Beispiel Teefasten, Heilfasten oder Saftfasten, verträgt. Jede Kur sollte individuell auf den Patienten angepasst werden, darum ist ärztliche Betreuung sehr wichtig?, so der Experte. Schwangeren, Kindern unter 14 Jahren oder physisch und psychisch Kranken rät der Arzt vom strengen Fasten ab. ?Ein weiterer Punkt des Fastens ist die Entlastung und Stär-kung des Immunsystems, da ungefähr achzig Prozent davon im Darm verankert sind. Dies kann sogar zu deutlicher Beschwerdelinderung bei Allergien, Haut- und Autoaggressionserkrankungen wie zum Beispiel Rheuma führen?, so der Therapeut.
Vorteile des Fastens
Entgiften und entschlacken. Gift- und Schlackenstoffe werden zusammen mit den Fett- und Eiweißdepots ausgeschieden.
Entstauung des Bindegewebes, schönere Haut. Die Haut strafft sich, sie wird glatter, Wimmerln und Unreinheiten verschwinden.
Sanierung des Darms. Die Darmflora und auch der Magen können sich im Fasten regenerieren.
Stärkung des Immunsystems. Darmsanierung und psychosomatische Wirkung des Fastens sorgen dafür, dass die körpereigene Abwehr wieder in Schwung kommt.
Neuregulierung des Stoffwechsels. Erhöhte Blutfettwerte normalisieren sich, Bluthochdruck und Rheumaschmerzen verschwinden.
Verzögerung biologischer Altersvorgänge. Fasten kann Altwerden zwar nicht verhindern, aber es hält Sie länger jung!
Impuls zur Verhaltensänderung. Fasten ist die Chance, von schädlichen Genussmitteln wie Alkohol und Nikotin sowie von falschen Ernährungsgewohnheiten loszukommen.
Gewichtsreduktion. Bis zu 6 kg bei Männern, bis zu 5 kg bei Frauen in nur einer Fastenwoche abnehmen ? ohne Hungergefühl und bei bestem Wohlbefinden.
Ein Weg, sich zu finden
Der Weg zu uns selbst wird langsam wieder frei, wir öffnen uns nach innen. Dabei können sich viele Verhärtungen und Knoten lösen, erstaunlich klare Gedanken kommen und neue Möglichkeiten sichtbar werden. Das Besondere am Fasten ist, dass durch den seelischen und körperlichen Verzicht der gesamte Mensch diese tiefen Erfahrungen macht. Auf die Frage, wie lange eine solche Kur dauern sollte, meint Werny: ?Ein Tag ist besser als kein Tag, zwei Tage sind besser als ein Tag. Ab der dritten Woche ist jedoch von einer Vollkur die Rede und der volle Effekt setzt ein.?
Kritik der ÖGE
Die Österreichische Gesellschaft für Ernährung (ÖGE) übt moderate Kritik am Fasten. Ein kurzer Auszug: ?Der Begründer des Heilfastens, Dr. Otto Buchinger, hat verschiedene naturheilkundliche Verfahren kombiniert und empfiehlt die zeitliche Nahrungskarenz sowohl als präventive Maßnahme als auch als Therapie bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, Verdau-ungsstörungen, Hauterkrankungen (Allergien), Migräne und Kopfschmerzen. Bis heute fehlen jedoch kontrollierte Studien, die die gesundheitlichen Wirkungen des Heilfastens bestätigen. Der gesundheitliche Effekt des Fastens wird immer wieder auf die so genannte ?Entschlackung? des Körpers zurückgeführt. Es gibt jedoch keine ?Schlacken? im menschlichen Organismus. (Schlacken fallen nur bei der Produktion von Roheisen im Hochofen oder bei der Stahlerzeugung an.) Dieser Mechanismus ist bis heute wissen-schaftlich nicht begründbar, da die aus Nahrungsbestandteilen entstehenden Abbauprodukte durch den Organismus über Niere, Leber und Haut ausgeschieden werden. Unter physiolo-gischen Bedingungen kann es somit zu keiner Anhäufung unerwünschter toxischer Endprodukte kommen.?
Grundsätzlich sollten Heilfastenkuren nur nach vorheriger Gesundheitsuntersuchung möglichst stationär oder unter ärztlicher Begleitung durchgeführt werden. Zu beachten ist, dass durch das Fasten die Wirkung von Medikamenten beeinflusst wird und eventuell eine Anpassung/Reduzierung der Dosierung erfolgen sollte. Es empfiehlt sich, das Fasten außerhalb des Berufslebens durchzuführen, einen Kurzurlaub zu nehmen, um Abstand vom Alltag zu bekommen und sich auf sich selbst und seinen Körper konzentrieren zu können.
Nachteile & Risiken
Beim Fasten entstehen im Körper Ketonkörper, die über die Nieren ausgeschieden werden müssen. Durch den Anstieg des Harnsäurewertes kann die Entstehung von Nieren- und Blasensteinen begünstigt werden. Gichtanfälle können die Folge sein.
Beim Fasten kommt es nicht nur zum gewollten Fettabbau, sondern es wird auch Eiweiß abgebaut. Das führt zu Muskelabbau und kann auch gefährlich für den Herzmuskel sein und u.a. Herzrhythmusstörungen hervorrufen. Zu Beginn des Fastens kommt es häufig zum Anstieg von Leberenzymen, da die Leber stärker belastet wird. Auch das Cholesterin kann ansteigen, doch normalisieren sich die Werte bei längerem Fasten wieder.
Menschen mit niedrigem Blutdruck haben meistens Probleme beim Fasten. Der Kreislauf wird belastet, Schwäche, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel können auftreten. Mundgeruch und erhöhtes Kälteempfinden sind typische Begleiterscheinungen beim Fasten.
JoJo-Effekt, da man danach meist wieder an Gewicht zunimmt.