Über Sounddesign im Spa und bei Wellness lässt sich philosophieren, soviel man will. Doch es ist einfach zu messen, ob das Konzept stimmt: „Die Gäste erkundigen sich nach der Musik.“ Mit diesem entscheidenden Parameter bringt es Manfred Lackmaier, Head of Sound bei eartunes, auf den Punkt. Sounddesign unterscheidet sich von Hintergrundmusik dadurch, dass das Sounddesign auf die Corporate Identity des Spa-Betriebes abgestimmt ist. Ein gutes Beispiel dafür ist die Falkensteiner-Gruppe. Managing Director Frank Voss ließ sich von der Notwendigkeit eines Sounddesigns überzeugen – mit dem Resultat, dass sich viele seiner Gäste nach der Musik erkundigt haben. Mittlerweile gibt es eine eigene Falkensteiner-Lounge-CD.
Musik und Architektur
Musikwahrnehmung und Architektur stehen in einer engen Wechselbeziehung. Der Raum muss akustischen Ansprüchen genügen, um das Hörerlebnis zu optimieren. Im Gegenzug richtet sich die Architektur auch an die Erfordernisse der Musik. In beiden Künsten spielen mathematische und geometrische Überlegungen eine wichtige Rolle. In der Musik sind Intervall und Takt das, was in der Architektur der Grundriss und die Raumverhältnisse sind.
Technisch gut umsetzen.
Für die technische Umsetzung des Sounddesigns im Spa bieten sich zwei grundsätzliche Lösungen an. Zum einen kann der Musikserver analog betrieben werden. Das Spa hat dabei eine Musikzentrale und arbeitet mit bis zu zehn Multiroom-Servern. So können mehrere unterschiedliche Musiksender in das System eingespeist werden, wobei jeder Sender vollautomatisch über eine vorgegebene Zeitsteuerung verfügt. Damit lässt sich programmieren, wann welcher Sender startet, wann Werbedurchsagen oder Jingles gespielt werden. Über Online-Updates wird die Musikdatenbank gewartet sowie automatisch ergänzt und die einzelnen Player in den Räumen sind per Webbrowser im Spa-Netz steuerbar. Besser – weil einzigartig – ist aber die zweite Lösung. Roland Fugger, Chef von eartunes: „Wir empfehlen die digitale Musikwiedergabe per LAN oder WLAN.“ Mittels Streaming-Lösung wird die Musik per LAN oder WLAN in die einzelnen Bereiche geschickt. Eine Streamingbox im Raum wandelt das Signal in ein analoges Signal um und speist es in den Verstärker ein. Hier kann eartunes bis zu 50 Sender anbieten. Fugger: „Diese Lösung ist vor allem in Kombination mit Smart TV sehr interessant, denn so kann auch jedes Zimmer mit einem eigenen Player ausgestattet werden. Die Musik wird über Smart TV empfangen und lässt sich individuell steuern.“
Bewusste Ruhe
Sounddesign heißt, gewisse Bereiche bewusst ohne Musik zu gestalten. Im Schwimmbad hat es zumeist keinen Sinn, Musik zu spielen, da die Umgebungsgeräusche zu laut sind. In den Ruheräumen sollen die Gäste bewusst Stille und Ruhe genießen.
Musik aus dem Nichts.
Das Angebot von Soundanlagen und Lautsprechern ist vielfältig. Wichtig ist die voluminöse Wiedergabe der Musik. „Lautsprecher sollen raumfüllend den Sound abspielen und nicht punktuell den Sound von der Decke drücken“, sagt Sven Kühne, Geschäftsleiter bei moodmusic. Optisch weniger schön ist es, wenn Lautsprecher von Decken und Wänden prangen. Lautsprecher können mit Bildern verdeckt werden, allerdings müssen sie dann über Absorbertechnik mit integrierten Schallwandlern verfügen. Auch feine Textilbezüge bieten sich an, sodass der Lautsprecher zum Bild wird. Die optimale Lösung ist jedoch, die Lautsprecher in Fassaden oder Decken zu integrieren. Damit sind sie wasserfest sowie unsichtbar verstaut, „die Musik kommt raumfüllend aus dem Nichts und versetzt so den Gast in Staunen“, gibt sich Sounddesigner Lackmaier begeistert. „Sonoroom – Klang für den Raum“, nennt Kühne diesen Idealzustand.
Gesamtkonzept durch den Sounddesigner.
Sven Kühne mag das Wort Sounddesign nicht. Alles, was mit Musik im Spa zu tun hat, ist für ihn ein umfassendes Handwerk. Neben der technischen Umsetzung des Sounds im Spa liegt die Herausforderung vor allem in der Wahl des Sounds, abgestimmt auf die Zielgruppen und auf die Räume. Die Bereiche wie Behandlungsraum, Ruheraum, Gänge, Sauna, Rezeption etc. sind auch gleichzeitig Musikzonen. Der Soundhandwerker erkundigt sich zunächst nach allen Räumen und nach den Gästen. „Erst dann kann ein Konzept erstellt werden, das außergewöhnlich und dennoch für jeden akustisch einfach zu verstehen ist“, erläutert Roland Fugger. Ein Team von Musikredakteuren ist nun gefragt, aus der Flut an Titeln und vor allem auch Neuerscheinungen die entsprechende Musik herauszufiltern und in das Soundkonzept einzufügen. Dazu bedarf es Fingerspitzengefühls, denn neben der bekannten Wellnessmusik empfiehlt es sich auch, mit Musik aus den Bereichen Chill-out, Lounge oder Electro zu arbeiten und aus Musiktrends Wellness zu erschaffen. Die Wahl der Musik ist Teil des Gesamtauftritts des Spas und nimmt daher Rücksicht auf die Architektur des Hauses, auf Baumaterialien, Textilien, auf die Dienstkleidung ebenso wie auf das Speisenangebot oder die Gesamtatmosphäre im Haus. Auch Programmablaufplanungen sind zu erstellen und zu koordinieren, die Contenterweiterung ist zu pflegen – und das alles unter Abstimmung mit den Komponisten. 08/15-Musik ist jedenfalls fehl am Platz. „Sie ist nur billig“, sagt Kühne.
Kein Platz für 08/15-Musik
Wesentlich ist, die richtige Musik zum richtigen Zeitpunkt abgestimmt auf das jeweilige Ambiente und Zielpublikum anzubieten. Doch investieren noch immer wenige Spa-Betreiber in passende Beschallungslösungen, obwohl der Sound eine erhebliche Auswirkung auf die Atmosphäre im Spa hat.
Baulich für die Akustik vorsorgen.
Meist ist es nicht die Technik, die beim Umsetzen von Soundkonzepten die Schwierigkeit darstellt, sondern das Budget. Fehlende Internetzugänge oder keine Zonenverteilungen für Lautstärkeregelungen sind nur zwei Indikatoren, die darauf hinweisen, dass auf die Akustik im Spa bisher zu wenig Augenmerk gelegt wird. Fehlende Verkabelungen, die nachzurüsten sind, stellen Elektriker vor unliebsame Herausforderungen, weil speziell in bestehenden Bauten niemand weiß, welche Überraschungen in den Decken lauern. Spa-Betreiber, Planer, Sounddesigner und Handwerker sind angehalten, zusammenzuarbeiten, lösungsorientiert zu denken und zu handeln. Dann wird auch der richtige Ton gefunden.
Frauen lieben Klassik
Vor allem Frauen können sich in der Emotionalität klassischer Musik eher wiederfinden als Männer. Sie sollen in unserem Spa Körper und Geist bewusst erleben und in eine Wohlfühlwelt eintauchen. Klassische Musik lässt den Körper herunterfahren und nimmt ihn mit auf eine Reise.
Musik zum Entspannen.
Wie in den Spas tatsächlich mit dem Thema Musik umgegangen wird, ist unterschiedlich – und noch nicht ganz im Sinne der Sounddesigner bzw. -handwerker. Im Meridian Spa Deutschland beispielsweise ist die Musik reine Untermalung. Alle Lieder sind im 60er-Takt, denn dieser entspricht dem Herzrhythmus. Ivana Stürzenbaum, Generalmanagerin im women’s health resort kamptal, will eine Musik, bei der ihre weibliche Zielgruppe ganzheitlich entspannen kann. „Das sind klassische und ruhige Lounge-Musik“, sagt Stürzenbaum. Die Musik soll dabei ein ruhiges Hintergrundrauschen sein, das sich wohltuend auf Körper, Geist und Seele auswirkt. Ihre ärztliche Leiterin Gabrielle Dienhart-Schneider empfiehlt unter anderem Sinfonien von Mozart, weil diese Laut-leise-Zyklen aufweisen, welche den Gehirnwellen entsprechen. „Und in diesem Zustand“, so die Ärztin, „kann der Mensch in eine Ruhephase fallen, der ganze Körper entspannt sich.“ Vanessa Flack, Leiterin Kommunikation im The Dolder Resort in Zürich, weist darauf hin, dass das Thema Musik sehr spezifisch ist und sich Fragen danach nur sehr allgemein beantworten lassen. Das Dolder Resort wurde 2004 bis 2008 generalsaniert. „Dabei wurde die Musik in das Gesamtkonzept des Spas integriert und von Anfang an mit eingeplant“, erklärt Flack. Zuständig dafür ist die Technikabteilung.
Den Sound planen
Es gibt viele Dinge, die bei einem Soundkonzept für das Spa durchdacht gehören, bevor die Umbauten beginnen. Leider wird der Sounddesigner erst hinzugezogen, wenn die Planung meist schon abgeschlossen ist. Unserer Erfahrung nach gibt es wenige Elektroplaner, die auch Akustiker sind.
Wie auch immer die Lösungen ausschauen, wichtig ist es, das Spa musikalisch einzufangen und den richtigen Sound für die Gäste, Mitarbeiter und passend zur Corporate Identity zu wählen. Die Musik wird für das Haus produziert und nicht aus einem Internetportal downgeloadet. Denn wie das Spa klingt, das entscheidet auch wesentlich darüber, wie wohl sich die Menschen im Haus fühlen.
© WELLNESS WORLD Business 04/2013