Die Mobiltiät wird immer wichtiger und alles soll auch immer schneller gehen. Das geht jedoch nicht ohne eine „Verkehrswende“, „Verkehrsvermeidung“ bzw. -verlagerung ist dabei das Schlagwort, um einen grundsätzlichen Wandel herbeizuführen. Verlagerung auf andere Verkehrsmittel wie den Zug oder alternative Transportmittel, die die CO2-Bilanz reduzieren, weg vom LKW-Verkehr sind Teil der Lösung. Auch Sharing-Konzepte gehören dazu, vor allem für junge Menschen ist der Besitz eines Fahrzeuges nicht mehr so wichtig sondern vielmehr die Möglichkeit zu teilen. Viele greifen gerade jetzt in der Corona-Krise auch mehr zum Fahrrad.
Wer voll- oder teil-elektrisch mit dem Auto in den Urlaub fährt, sobald es wieder möglich ist, kann bereits über das Navi Ladestationen ansteuern oder Hotels über Buchungsplattformen finden, die auf die „E-Mobilisten“ eingestellt sind. Chargehotels.com listet beispielsweise aktuell länderübergreifend über 5.800 Hotels mit Ladepunkten. Auch Booking.com hat in seinem Suchfilter unter Hotelausstattung schon den Punkt „Aufladestationen“ inkludiert.
E-Mobilität mehr als ein Trend
Ab 2021 wird mit einem massiven Zuwachs an E-Autos auf den Straßen gerechnet. Der Anteil an den Neuzulassungen wird bis 2030 auf rund 75% steigen, heißt es in einem Leitfaden zur Hotelinfrastruktur von AustriaTech. E-Bikes oder Pedelecs „sind in der Breite angekommen, von einem Trend ist nicht mehr zu sprechen“, betont der Verband der Sportartikelerzeuger und Sportausrüster Österreichs (VSSÖ). Das veranschaulichen die Verkaufszahlen von 2019: Mit 170.000 Stück kommen E-Bikes auf einen Marktanteil von 39% (+ 6%). Damit ist Österreich einer der stärksten Märkte in Europa und führend im deutschen Sprachraum (gefolgt von der Schweiz mit 36,6% und Deutschland mit 31,5%). Mehr als zwei Drittel des Gesamtumsatzes mit Fahrrädern sind auf die E-Bike Verkäufe zurückzuführen (480 Mio. €). Für Beherbergungs- und Wellnessbetriebe ist diese Entwicklung Herausforderung und Chance zugleich.
Leihen, kaufen oder gar tauschen?
Inzwischen gibt es für jene Hotelbetreiber, die bei E-Mobilität aufrüsten möchten, eine Vielzahl von Angeboten. Neben den klassischen Varianten von Leihen oder Kaufen haben wir in Tirol eine andere Geschäftsidee entdeckt: „Du bist Hotelier? Kostenlose E-Mobilität für dein Hotel“. Hinter diesem Slogan steckt die Greenstorm Mobility GmbH aus Kufstein. Deren Kerngeschäft waren ursprünglich E-Bikes. Inzwischen bieten sie als „Tauschgeschäft“ auch E-Cars oder E-Ladestationen für Hotels an. Geschäftsführer Philipp Zimmermann hat uns seine Strategie erklärt: „Greenstorm verleiht kostenlos E-Bikes, E-Autos wie Tesla, Audi, usw. plus Ladestationen an die Hotellerie in ganz Europa“.
Als Hotelier muss man demzufolge die Räder weder finanzieren, servicieren oder lagern. Auch die permanente Wartung wird übernommen. „Für die E-Bikes, E-Autos und die Ladestationen bekommt Greenstorm Übernachtungs-Gutscheine für leerstehende Zimmer. Die Auslastung steigt in schwächeren Zeiten und man spricht neue Kunden an“, so Zimmermann. Nach einer Saison holt der Anbieter die Bikes im Hotel wieder ab. Diese werden technisch überholt und generalsaniert, um dann über den hauseigenen Onlineshop einen Käufer zu finden.
Angesprochen auf die Nachfrage meint Zimmermann: „Nachweislich befindet sich die E-Mobilität besonders in der Hotellerie-Branche auf dem Vormarsch. Mehrere Umfragen haben ergeben, dass fast 40% aller österreichischen und deutschen Betriebe in den vergangenen drei Jahren in Infrastruktur zu E-Mobilität investiert haben. Fast 50% planen Erweiterungen und neue Investitionen in diesem Bereich innerhalb des kommenden Jahres. Die besonderen Möglichkeiten, sich mit Elektromobilität neue Gästeschichten zu holen, werden von den Hotels und Gastronomiebetrieben immer häufiger erkannt und teilweise bereits intensiv genutzt“.
Bei Greenstorm (www.greenstorm.eu) hat man die Erfahrung gemacht, dass sich Hoteliers sehr gut auf neue Möglichkeiten und Marksituationen vorbereiten und auch permanent nach Angeboten für sich und ihre Gäste suchen. „Da wir in einer schnelllebigen Zeit sind und sich der Markt auch ständig in Bewegung befindet, sind Informationen und der Austausch von Informationen existentiell wichtig“, unterstreicht Zimmermann und fährt fort: „Ein Hotelier weiß selbst sicher am besten, in was investiert wird und was für Anschaffungen er für seinen Betrieb letztendlich tätigt“.
Ein Forschungsprojekt als Anlaufstelle für Hoteliers
Wie E-Mobilität am besten in die Betriebe kommt, darüber zerbrechen sich neben den Hoteliers auch Experten schon länger den Kopf. Das Forschungsprojekt e-Gastro advanced ist eine Initiative mit Fokus auf das Hotelgewerbe in Österreich. Es wurde aus Mitteln des Klima- und Energiefonds gefördert. „Da die E-Mobilität ein Baustein der geplanten Mobilitätswende sein wird, denken wir, dass dieser Bereich zukünftig noch stärker im Bereich der Hotellerie Fuß fassen wird“, betont Projektleiter Markus Schuster von HerryConsult in Wien. Er hat uns an dieser Stelle mehr darüber verraten. „Beim Thema Elektromobilität bestehen weiterhin Wissenslücken und teilweise unbegründete Vorurteile“, umreißt Schuster die Situation in der Hotellerie. Das kurzfristige Geschäftspotenzial - mehr Gäste durch Elektromobilität - wird von der Hotellerie zwar eher zurückhaltend eingestuft, dennoch ist allen klar, jetzt erste Schritte machen zu müssen, um nicht später den Anschluss zu verlieren, sagt der Experte und fügt an: „Was den Hotels jedoch laut eigenen Aussagen am meisten fehlt, ist der Zugang zu verlässlichen bzw. vertrauenswürdigen Partnerorganisationen. Wobei das Problem auch darin besteht, dass – falls diese Partnerorganisationen gefunden wurden – sie nicht die „Sprache“ der Hotels sprechen“.
Mit dem Projekt „e-Gastro advanced: (www.e-gastro.at) Entscheidungshilfe für Hotellerie“ will man dem abhelfen. „Mittels zielgruppenspezifischer Kommunikation und Information sowie einem breit aufgestellten Netzwerk an Partnerorganisationen soll die Marktdurchdringung von E-Fahrzeugen und der dafür notwendigen Lade-Infrastruktur unter Verwendung von Strom aus erneuerbaren Energien in der Branche beschleunigt werden“, erläutert der Projektverantwortliche. Wenn also Anforderungen, Wünsche und Bedürfnisse der Hotels geklärt sind, werden sie mit passenden Partnerunternehmen aus den Bereichen E-Auto, E-Lade-Infrastruktur, E-Bikes und PV-Anlagen zusammengebracht.
„E-Mobilität ist für einige Hotels im Moment ein Zukunftsthema“, führt Schuster einen anderen Aspekt an, warum (derzeit noch) kein Bedarf für eine Investition gesehen wird. Die Entscheidung wird daher verschoben. Dazu kommt der „falsche“ Zeitpunkt: Man muss sich momentan auf die Krise sowie auf die Gäste konzentrieren und hat jetzt keine Zeit für das Thema E-Mobilität. Auch Lieferprobleme bzw. zu lange Wartezeiten von E-Autos sind mit ein Grund, warum einige Hotels sich nicht vertraglich verpflichten wollten.
„Weiters wurde auch immer wieder ein Zuwarten auf die neuen Modelle - ab 2020/21 - als Beweggrund genannt, nicht jetzt E-Pkw zu kaufen“, ergänzt Schuster die Gründe für eine zögerliche bzw. unsichere Haltung in Sachen E-Mobilität. Einige Hotelunternehmen wollen überdies die Investition für die Errichtung einer Ladeinfrastruktur mit einer geplanten Umbauphase des Hotels kombinieren, um Kosten zu sparen. Doch durch die aktuelle Covid-19- Situation könnten sich diese Pläne eventuell verschieben, da es bei manchen andere Prioritäten gibt.
„Die Erfahrungen haben jedoch gezeigt, dass es Sinn macht, sich nicht zu spät mit dem Thema E-Mobilität zu beschäftigen“, lautet sein Tipp für Einsteiger in die E-Mobilität. „Um ein erstes „Gefühl“ zu bekommen, ob ein Hotelbetrieb in die E-Mobilität investieren soll und – falls ja – wie und in welcher Größenordnung, haben wir im Zuge des Projektes einen digitalen self-check für Hotels erstellt.“
Darüber hinaus hat Frau Bundesminister Leonore Gewessler auch in einer Pressekonferenz vom 24. November 2020 die E-Mobilitätsoffensive angekündigt und dafür einiges an Geld bzw. Förderungen ab Jänner 2021 in Aussicht gestellt. Nicht nur von E-PKWs (bis 5.00,- Eur) sondern auch von E-Zweirädern (bis 1.200,- Eur), aber auch die Ladeinfrastruktur soll in diesem Zusammenhang verbessert werden. Dies macht das Thema wieder atraktiv und man sollte sich auf jeden Fall informieren welche Möglichkeiten bestehen, da E-Mobilität sich auch mehr an Beliebtheit erfreut beim Gast. Mehr dazu auf umweltfoerderung.at
E-Mobilität: Soll ich – soll ich nicht …
Der self-check auf www.e-gastro.at bietet Hilfestellung für Hoteliers, die sich für E-Mobilität interessieren. Nach ein paar Klicks mit Angaben zum Betrieb, wie Hotel- und Preiskategorie, Verweildauer der Gäste, Parkplatzsituation, Energieversorgung etc. gibt es einen Überblick über mögliche Maßnahmen.
Erfahrungsberichte
Wir haben bei Betrieben nachgefragt, die bereits E-Mobilität in ihr Unternehmenskonzept aufgenommen haben. Michael Walchhofer, vom Landhotel Hotel Alpenhof in Filzmoos und Trattlerhof-Chef Jakob Forstnigin Bad Kleinkirchheim haben uns von ihren Erfahrungen berichtet.
WELLNESS WORLD Business: Wie schaut Ihr Angebot in Sachen E-Mobilität für Ihre Gäste aus?
Michael Walchhofer, Alpenhof: Wir haben derzeit ein Elektroauto. Er steht den Gästen einen halben Tag kostenfrei zur Verfügung. Stattdessen kann auch gratis ein halber Tag ein E-Bike oder ein Segway-Schnupperkurs gewählt werden. Für die Gäste gibt es zwei kostenlose Ladestationen Typ2 für Ihre Elektroautos.
Jakob Forstnig, Trattlerhof: Wir bieten unseren Gästen einen Tesla X100D und einen Mercedes Benz B-Klasse Electric Drive für Test- und Ausflugsfahrten an. Zudem stehen unseren Gästen vier E-Mountainbikes zur Verfügung. E-Mobilisten können unser großes Angebot von neun Ladestationen und einem Schnelllader nutzen. Hotelgäste dürfen ihre E-Fahrzeuge kostenlos laden.
WWB: Ihre Beweggründe für diese Investitionen?
Walchhofer: Ich selbst bin ein Fan der Elektromobilität und wollte hier ein positives Signal setzen. Ich weiß auch, dass einige Kaufentscheidungen zu E-Autos von diesen Fahrten bei uns inspiriert wurden.
Forstnig: Als stolzer Träger des österreichischen Umweltzeichens und EU-Eco Label war E-Mobilität schon immer ein Thema. Wir gelten hier als Vorreiter in Kärnten.
WWB: Wie funktioniert die Praxis?
Walchhofer: Aufwand, Handhabung und Kosten habe ich mir in etwa so vorgestellt. So viel Vorwissen hatte ich, damit es hier keine Überraschungen gab. Die Gäste kommen im Allgemeinen auch mit dem Fahrzeug gut zurecht, mit reichweitenempfindlichen Fahrten wird kaum experimentiert.
Forstnig: Wir werben unser E-Mobilitätsangebot, neben unseren weiteren Aktivitäten für eine bessere Umwelt, sehr aktiv unseren Gästen an. Zudem haben wir beim Equipment einen starken Partner.
WWB: Woher beziehen Sie den Ladestrom?
Walchhofer: Wir haben eine PV-Anlage mit gesamt 27 kWPeak, und beziehen den Rest aus Ökostrom.
Forstnig: Unser eigenes Stromkraftwerk wird mit ökologischer Wasserkraft betrieben. Dadurch sind wir stromautark und können unseren Gästen als erster touristischer Betrieb in Österreich kostenlos CO2 Zertifikate aushändigen.
WWB: Ihre Erfahrungen bzw. das Feedback?
Walchhofer: Die Reaktionen der Gäste fallen durchwegs positiv aus. Aber ich habe mein E-Angebot etwas aus der Werbung herausgenommen. In Zeiten von „Greta“ (Anm. Thunberg, Klimaschutzaktivistin) und der „Heiligen Kuh“ Deutsche Autoindustrie prallen bei diesem Thema Welten und Emotionen aufeinander. Hier muss die allgemeine Akzeptanz noch wachsen. Wer will, kann die Gelegenheit nutzen und E-Mobilität ausprobieren. Die anderen lasse ich damit in Ruhe.Die Ladestation ist vielleicht ein buchungsmitentscheidender Grund. Sie steht aber allen - also auch Nicht-Gästen - gratis zur Verfügung. Dies hat mit meinem Wunsch zur Förderung der E-Mobilität zu tun. Die Kosten halten sich hier in Grenzen.
Forstnig: Das Feedback unserer Gäste ist sehr gut. Das Thema Nachhaltigkeit und Gesundheit spielt eine sehr große Rolle. Unter anderem erhalten unsere Gäste auch einen „Umwelt-Euro“, wenn sie einmal auf ihre Zimmerreinigung verzichten. Als Buchungskriterium würde ich unsere Aktivitäten nicht sehen, eher als AHA-Erlebnis, das zu einer hoffentlich neuerlichen Buchung führt.
E-Auto: Potential & Knackpunkte
Das Fahren selbst mit einem E-Autos ist emissionsfrei. Doch ganz „grün“ ist ein E-Auto freilich nicht. Emissionen fallen bei der Herstellung und beim Transport an. Ganz wichtig sind deshalb erneuerbare Energiequellen, wie Wasser, Wind oder Sonne. Denn auch Strom ist nicht frei von CO2: Länder wie Österreich, mit viel Wasser- und Windstrom bilanzieren natürlich besser, als solche mit massig Strom aus Kohlekraftwerken.
Der große Energieaufwand bei der Herstellung soll sich laut Fachleuten nach 40.000 bis 60.000 km egalisiert haben. Ein großer Knackpunkt um E-Autos zukunftsfit zu machen ist nach wie vor der Akku. Die Lebensdauer einer Lithium-Ionen-Batterie wird mit bis zu 15 Jahren bzw. mindestens 150.000 km beziffert. Danach wird bereits ein „Second Life“-Szenario angedacht, etwa als stationärer Stromspeicher in Gebäuden (Stichwort PV-Anlagen). Was passiert aber mit ausgedienten Modellen? Abgesehen von den problematischen Inhaltsstoffen in den Batterien, wie seltene Erden, Lithium und Kobalt, ist die Frage des Recycelns noch nicht zufriedenstellend gelöst und wird Experten und mündige Konsumenten weiterhin beschäftigen.
Die Zukunft der Mobilität liegt jedoch in der Verkehrsvermeidung beziehungsweise der -reduktion und da liegt noch einiges an Arbeit vor uns!
Ladeinfrastruktur im Hotel: Denkanstöße (Quelle: AustriaTech)
Steckdose:
- Eine Wallbox für Wechselstrom ist preislich günstig, die Ladeleistung aber „gemütlich“.
- Gleichstrom-Ladestationen sind teurer und überall da im Einsatz, wo es schnell gehen soll sowie im eher gehobenen Bereich.
- Für E-Fahrräder gleich mitplanen: Einfache Schuko-Steckdosen reichen oft aus.
Örtlichkeit:
- Welche Stellplätze eignen sich, um mit Ladestationen ausgestattet zu werden? Eine Wandmontage erspart einen Steher.
- Wo ist der Stromanschluss? Denn je kürzer die notwendigen Leitungen ausfallen, desto günstiger der Einbau.
Berechtigungen:
- Der „Betrieb einer Stromtankstelle“ ist ein freies Gewerbe. Die vorhandene Gewerbeberechtigung reicht meist aus, um die Ladeinfrastruktur zu betreiben.
Stromkosten:
- Wie setzt sich der Strompreis zusammen? Hier ist oft ein Fachmann mit einem Gesamt-Energie-Konzept gefragt, damit durch ein Lastmanagement die Ladeinfrastruktur ideal genutzt werden kann. Intelligente Lösungen helfen hier Geld zu sparen.
Weiterführende Infos:
www.austriatech.at Infos zur Ladeinfrastruktur für Hotels – Leitfaden für Hotelbetreiber in Österreich, 2019. AustriaTech ist eine Gesellschaft des Bundes für technologiepolitische Maßnahmen und beschäftigt sich intensiv mit E-Mobilität.
www.publicconsulting.at Alles über die „Förderungsaktion Elektro-Pkw für Betriebe“, eine Förderung des BMNT – aus Mitteln der Umweltförderung im Inland - managedby Kommunalkredit Public.
faktencheck-energiewende.at Eine Serviceseite des Klima- und Energiefonds.
www.oeamtc.at „Expertenbericht Mobilität & Klimaschutz 2030“, Marktübersicht, Tests, Ladestationen etc.
www.e-gastro.at E-Mobilität für die Hotellerie und Gastronomie.
© WELLNESSWORLD Business 3-4 /2020