Die Unternehmen spüren, dass genauer geprüft wird. Hintergrund ist, dass die Banken krisenbedingt die Basel-II-Bestimmungen nun strikter umsetzen", erklärt Johannes Nejedlik, Vorstand der KSV1870 Holding AG. Besonders betroffen seien die stark von großvolumigen Krediten abhängige Industrie und die Kleinstunternehmen, die über weniger Sicherheiten verfügen und daher schon vor der Krise schwer Kredite bekamen. Unverändert oder sogar verbessert hat sich die Lage laut Umfrage für gut ein Drittel der befragten Firmen.
Förderungen wichtiger denn je
Gerade unter diesem Aspekt spielen Förderungen eine wesentliche Rolle. Es ist uns gelungen, vor allem unter Einsatz des bei ÖHT (Österreichische Hotel- und Tourismusbank) angesiedelten Haftungsinstrumentes den Zugang zum Kapitalmarkt für die Tourismusbetriebe auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu erhalten. Die Haftungsausstattung der ÖHT wurde als Reaktion auf die konjunkturellen Einschränkungen verdoppelt.Aus einer in Zusammenarbeit mit dem Institut für Höhere Studien (IHS) durchgeführten Befragung von 1.200 Tourismusbetrieben geht hervor, dass 70% der Unternehmen ihren Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten zum Zeitpunkt der Befragung (Ende 2009) als ausreichend betrachteten, berichtet Wolfgang Kleemann, Geschäftsführer der Tourismusbank, dem nationalen Spezialinstitut für Förderungen und Finanzierungen in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft.
Gab es im gesamten Jahr 2009 Anträge auf Bundeshaftungen für ein Gesamtvolumen von 48 Mio. Euro, sind es allein im 1. Quartal 2010 bereits 23 Mio. Euro. Setzt sich dieser Trend fort, so kommt es zu einer Verdopplung des Volumens an Haftungsanträgen und es bestätigt sich, dass die Fördermöglichkeiten der ÖHT geeignet sind, jede Kreditklemme zu vermeiden und Investitionen finanzierbar zu machen, versichert Kleemann im Interview mit SPA WORLD Business. Dies gilt im Besonderen auch für Investitionen in die Wellnessausstattung österreichischer Tourismusbetriebe. Statistisch liegen die Investitionen, die diesen Bereich betreffen, an dritter Stelle der Gesamtnachfrage nach Förderungen unseres Hauses, wenngleich sich gegenüber den Vorjahren hier deutlich rückläufige Aktivitäten zeigen.
Kleemann kommt zu dem Schluss, dass die Finanzierungsmöglichkeiten für Projekte im Tourismus bzw. im Spa- und Wellnessbereich intakt sind, betriebswirtschaftliche Machbarkeit und Sinnhaftigkeit des geplanten Vorhabens vorausgesetzt.
Unternehmen in der Zwickmühle
Nach Bundesländern aufgeschlüsselt zeigt sich, dass die befragten Firmen in Vorarlberg und Salzburg die Kreditaufnahme derzeit am wenigsten restriktiv beurteilten. Anders empfinden dies jedoch Unternehmen in Wien, Niederösterreich und Kärnten. Vor 18 Monaten wurden die Kreditbedingungen in allen Bundesländern deutlich besser beurteilt. Roland Führer, Geschäftsführer der KSV1870 Information GmbH, sieht nach wie vor große Unsicherheit bei den Unternehmen. Der EU-Rettungsschirm über 750 Mrd. Euro sei zwar gespannt, die Märkte reagieren aber nicht wie erwartet, erläuterte der Experte im Gespräch mit der APA. Diese Instabilität mache den Unternehmern Sorge. Viele wollten durchstarten, das Signal dazu sei aber noch nicht da.
Bankencheck online
Parallel zu diesen Entwicklungen ging Anfang 2010 eine Plattform mit dem treffenden Namen Bankencheck online. Dass Hotels das Feedback von Gästen zur Weiterentwicklung ihres Betriebs nützen, ist mittlerweile Alltag in einer Branche, in der der Gast König ist. Dieses Konzept entwickelte Wilfried Holleis vom Grand Hotel Zell am See und ÖHV-Finanzierungsexperte weiter: Unter www.bankencheck.at bewerten Hoteliers ihre Bank online. Mit der Beantwortung von nur 15 Multiple Choice-Fragen bewerten Hoteliers die Leistungsfähigkeit und Kundenorientierung ihrer Bank. Die ÖHV-Plattform sorgt für mehr Transparenz und Wettbewerb in der Tourismusfinanzierung, liefert Vergleichsmöglichkeiten und unterstützt die Unternehmer bei der Wahl ihres Finanzierungspartners, erklärt Holleis.
100 Banken bewertet
www.bankencheck.at ging im Jänner 2010 beim ÖHV-Hotelierkongress in Zell am See online. Bis Anfang Mai wurden rund 100 Banken von ÖHV-Mitgliedern bewertet. Die meisten Noten wurden in den tourismusintensiven Bundesländern abgegeben. 38,6% der Bewertungen entfielen auf Salzburg, 31,6% auf Tirol, 14% auf Vorarlberg. Bei der Bewertung nach dem Schulnotensystem erzielten Vorarlbergs Banken einen Notendurchschnitt von 2,0. Die Salzburger Banken wurden mit 2,4 bewertet, Tirols Banken mit 2,8." Klar erkennbar sind die Auswirkungen der hohen Bankendichte in Vorarlberg, denn dort herrscht ein Wettbewerb um den Unternehmenskunden. Wir wollen mit www.bankencheck.at die Standards und die Zufriedenheit mit Bankdienstleistungen bundesweit erhöhen. Wie man in der Hotellerie sieht, gibt es nichts Wertvolleres als Feedback von Gästen und Kunden", meint Holleis.
Uni Credit Bank Austria unterdurchschnittlich
Die Raiffeisenbanken erhielten mit 2,0 die beste Note. Die Volksbanken wurden mit 2,7 bewertet und lagen damit genau im bundesweiten Durchschnitt. Leicht darunter lagen die Sparkassen mit 2,8 und deutlich zurück die Uni Credit Bank Austria-Banken mit einem Durchschnittswert von 3,3.
Kreditmediator notwendig
Aus den Bewertungen geht deutlich die Unzufriedenheit mit der aktuellen Situation hervor. Notwendig erscheint daher ein Kreditmediator nach deutschem Vorbild: Dieser Beauftragte der deutschen Bundesregierung bietet mittelständischen Betrieben seit April 2010 Unterstützung bei der Finanzierung. Im Falle abgelehnter Kreditanträge vermittelt er, um Missverständnisse aufzuklären oder durch neue Förderungen und Haftungen einvernehmlich eine positive Entscheidung herbeizuführen. "Der Kreditmediator fungiert als neutraler Vermittler und verbessert mit seinem Know-how die Position des Kreditnehmers. Hier orten wir Bedarf im Tourismus. Der Bankencheck bestätigt das", erläutert Holleis.
SPA WORLD Business, Ausgabe 3/2010