Im Zuge der Auseinandersetzungen haben sich auch die Fronten zwischen den Interessenvertretungen einerseits und den Testern andererseits ziemlich verhärtet. Man wirft sich gegenseitig Unseriosität vor. Jedoch sollte man, sobald sich die emotionalen Wogen ob dieses Frontalangriffs gelegt haben, zur Tat schreiten, denn die Ergebnisse sind alles andere als beruhigend.
Obwohl Österreich, neben einem strengen Weingesetz, das strengste Bäderhygienegesetz Europas hat, behauptet eine anonymisierte Untersuchung des Relax-Guides, die Wasserqualität bzw. die chemischen Desinfektionsparameter würden bei rund 80Prozent der 231 überprüften österreichischen Wellnesshotelpools nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Daher rumort es zurzeit unter den österreichischen Hoteliers.
Heisse Kontroverse
Thomas Reisenzahn von der ÖHV (Österreichische Hoteliervereinigung) wehrt sich vor allem gegen die Pauschalverurteilung, dass die Wasserqualität von 80Prozent der Hotelpools nicht in Ordnung sei, und meint, dass bereits jährlich eine Negativmeldung von Christian Werner zu erwarten sei, um einen Sager für seinen Guide zu haben. Vor allem stört ihn, dass Werner die Branche ständig kritisiert, von der er lebt. Reisenzahn kündigt auch eine offensive Aufklärungskampagne zur Information der Hotelbetreiber an.
?Es ist dies eine angebliche Studie, die niemand kennt, die nicht vorgelegt wurde und deren Methodik nicht ersichtlich ist. Es ist höchst unseriös und verantwortungslos, auf diese billige Weise Panikmache zu erzeugen, die möglicherweise nur dazu dienen soll, Aufmerksamkeit für das eigene Produkt zu erregen?, erklärt dazu der Obmann des Fachverbandes Hotellerie in der Wirtschaftskammer, Klaus Ennemoser. ?Die Vorwürfe sind nicht nur eine überzogene Kritik an der Branche, sondern richten sich auch direkt gegen die Behörden?, merkt Ennemoser an.
Auch der Präsident der ÖHV Sepp Schellhorn stößt ins gleiche Horn: ?Es geht eigentlich auch gegen die Behörde und wir werden dementsprechend in den nächsten Wochen darauf reagieren, dass die Kritik nicht gerechtfertigt ist.?
Doch was ist dran an diesen Vorwürfen?
Dazu Christian Werner, Herausgeber des Relax-Guides, im Gespräch mit SPA WORLD business: Unsere Recherchen haben ergeben, dass die behördlichen Kontrollen längst nicht so rigoros durchgeführt werden, wie das die Interessenvertretungen darstellen wollen. Denn konkrete Kontrollen umfassen häufig nur die Einsicht in das Betriebstagebuch, amtliche Wasserproben sind im Regelfall nicht mit einer Kontrolle verbunden.? Werner weiter: ?Ich verstehe überhaupt nicht diese seltsame österreichische Zugangsweise, in Deutschland gab es durchaus ein positives Feedback. Im Speziellen aus Bayern, wo das Problem bekannt ist und man sich schon seit längerem damit beschäftigt. Die ÖHV hingegen, die es seit, glaube ich, zehn Jahren gibt, hat trotz vieler Fachtagungen sich kein einziges Mal mit dem Thema Wasser beschäftigt.? Werner auf die Frage, welchen Zweck diese Untersuchung haben sollte: ?Wir wollten einerseits den Gast auf größere Hygiene, wie zum Beispiel vor dem Sprung in den Pool eine Dusche zu nehmen, aufmerksam machen als auch den Hotelier darauf, dass sorgfältigere Wartung notwendig ist.? Werner relativiert ergänzend: ?Wir haben auch gezeigt, dass es in den drei untersuchten Ländern keine großen Unterschiede gibt denn es sind nur einige Prozentpunkte Differenz ? in Deutschland waren 24,4 Prozent aller Proben in Ordnung, auf Mauritius 23,1Prozent und in Österreich waren es 19,5 Prozent.
Die Sicht des Fachmanns
Der Experte Gerold Sigl von der Hydrologischen Untersuchungsstelle Salzburg, der die Untersuchung, die von mehreren Seiten angezweifelt wurde, begutachtet hat, bestätigt eine Messmethode, die dem aktuellen Stand der Technik entspricht. Herr Sigl räumt zwar Schwankungen im Untersuchungsergebnis ein, fügt aber hinzu, dass sie gering seien und das Gesamtergebnis kaum ändern würden. Ergänzend meint er, dass es im Nachhinein nicht nachvollziehbar sei, ob die Proben auch an Ort und Stelle entnommen wurden, aber nach einem Gespräch mit Herrn Werner kein Zweifel daran bestünde.
Der Wasserexperte Sigl empfiehlt aber eine positive Vorwärtsstrategie: das Problem erkennen und Methoden entwickeln, um es zu beseitigen. Für Sigl hat sich jedoch trotz des strengen Bäderhygienegesetzes erst dann wesentlich etwas geändert, als die Behörde begonnen hat, bei den Hotelbetreibern die wasserhygienischen Gutachten, die durchzuführen waren, auch anzufordern. Der Experte unterscheidet auch zwischen öffentlichen und privaten Bädern und meint, dass die Kontrollen im öffentlichen Bereich viel stärker durchgeführt werden und die gesetzlichen Werte stimmen müssten.
Thermen-Studie
Völlig unabhängig von dieser Untersuchung wurde auch eine seriöse wissenschaftliche Studie, die die hygienischen Bedingungen in 20 Thermen untersucht hat, durchgeführt. Gegenstand der Untersuchung war aber nicht nur das Poolwasser, sondern auch die sanitären Anlagen. Gemacht hat diese Studie das Prüfinstitut HygCen International aus Bischofshofen, der Studienautor Arno Sorger betont allerdings, dass es nicht geplant war, sie auch zu veröffentlichen, dies geschah leider völlig Wissen des Instituts.
Das Ergebnis hier war, dass nur ca. 50 Prozent der untersuchten Pools den gesetzlichen Standards entsprachen.
Auch mit Herrn Sorger, der im Normungsausschuss sitzt, hat SPA WORLD business ein Gespräch über den aktuellen Stand der Wasserqualität in Österreichs Thermen geführt.
Herr Sorger dazu: ?Wir wussten, es gibt Probleme, und daher haben wir zunächst versucht, die Probleme zu erfassen. Sie betreffen im Speziellen Becken mit höherer Wassertemperatur (mehr als 36° C) oder etwa Wirlpools, wegen der starken Mischung mit Luft. Wobei ein gut betriebener Wirlpool kein Problem darstellt, es erfordert nur sehr hohen Ressourceneinsatz. Man benötigt viel Frischwasser, viel Chlor und viel Arbeitszeit zur Reinigung. Die Frage, die sich daher aktuell stellt, ist, ob es notwendig ist, die Vorgaben für diese Becken zu ändern. Da man, als vor zehn Jahren die Normen festgelegt wurden, derartige Becken nicht hatte. Die DIN in Deutschland ist im Vergleich viel strenger als die österreichische Önorm. Ich bin aber der Letzte, der sagt, ein Schwimmbecken, das nicht genau der Bäderhygieneverordnung entspricht, ist gesundheitsschädlich. Vorausgesetzt, es bewegt sich in einem bestimmten Rahmen, vergleichbar mit dem Beispiel, auf der Autobahn statt 130 km/h 140 km/h zu fahren, das ist noch kein grober Regelverstoß. Wobei ich schon sagen möchte, dass eine noch strengere Verordnung nicht sinnvoll wäre, da dies ein sehr enges Korsett ergeben würde. Schon jetzt jammern einige, dass es unmöglich sei, die Werte, die gefordert werden, zu erfüllen ? trotz aller Bemühungen. Es geht eher um neue Berechnungen speziell für Warmbecken, die festzulegen sind. In diesem Netzwerk der Auftraggeber waren auch Wasseraufbereiter, die jetzt gefordert sind, um bei der Lösung des Problems zu helfen. Vielleicht ist es notwendig, dass die Industrie sich Gedanken über neue Aufbereitungsverfahren macht."
SPA WORLD business: Was sagen Sie zum strengen Bäderhygienegesetz in Österreich?
Herr Sorger: ?Da hat sich schon sehr positiv gezeigt, gerade in der Hotellerie, dass es nicht wie in Deutschland möglich ist, sich völlig von der DIN zu entfernen und irgendetwas hinzubauen. Das ist in Österreich nicht möglich! Ich stelle schon die Frage, ob es notwendig ist, dass die Verordnung jedes kleine Detail festlegt. Vorallem wenn wir die Problematik der Wirlpools betrachten, bei denen es sich gezeigt hat, dass sie anders zu berechnen wären, als es die Bäderhygieneverordnung vorgibt. Das heißt, die Berechnung durch die Verordnung führt zu schlecht dimensionierten Bädern! Ein weiteres Thema sind die Tauch- oder Kneippbecken, die oft nicht gechlort werden.?
Noch eine Frage zur Untersuchung, die Herr Werner durchgeführt hat. Was können Sie dazu sagen?
?Christian Werner wurde vor Jahren darauf hingewiesen, dass die Hotels, die er mit vier Lilien ausgezeichnet hat, die schlechtesten Wasserwerte hatten, und daraufhin wurde ihm ein Testkit zur Verfügung gestellt. Er wurde aufmerksam darauf gemacht, auch die Wasserqualität bei seiner Bewertung zu berücksichtigen. Er war darüber sehr schockiert, dass gerade seine Lieblings-Spas die fürchterlichsten Werte hatten. So hat er dann begonnen, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Man kann natürlich über vieles diskutieren, bis hin zum Testgerät, das er verwendet, welches sehr heikel zu bedienen ist, denn man neigt damit zu Überbefunden. Das bedeutet, Überbefunde im Bereich des gebundenen Chlors. Das sind aber eher Kleinigkeiten, im Großen und Ganzen hat er aber recht, dass sehr viele Bäder nicht dem Gesetz entsprechen. Aber eines möchte ich schon ergänzen: Ich würde mich weigern, wenn die Werte statt 0,3 0,4 gebundenes Chlor betragen von Ekel-Pools oder Gesundheitsgefährdung zu sprechen.?
Wie sehen Sie den Zustand in den Wasserbecken der österreichischen Spa- & Wellnesshotel?
?Wenn wir uns exakt an allen chemischen Daten, die in der Bäderhygieneverordnung drinnenstehen, orientieren, dann denke ich ? ich habe zwar keine genaue Zahl ?, wir liegen etwa bei 70? 80 Prozent der Hotels, bei denen zumindest bei einem Becken nicht alle Parameter eingehalten werden. Meistens besteht das Problem, weil zu wenig Frischwasser hinzugefügt wird, oder es gibt ein großes und ein Kinderbecken und aus Kostengründen wird das Wasser gemeinsam aufbereitet. Das heißt aber nicht, dass, weil wir ein wenig über dem Grenzwert liegen, dadurch eine Gesundheitsgefährdung auftritt. Das muss man schon sehr differenziert sehen!?
Welche Empfehlung geben Sie abschließend den Hoteliers?
Sie sollen mit 0,7 oder 0,8 mg freiem Chlor dosieren, dann besteht nach unten oder oben Sicherheit, auch wenn zum Beispiel die Elektrode nicht exakt kalibriert. Meistens sind auch die Verbesserungsmaßnahmen ganz einfach: Da die Wasserqualität in den meisten Hotels automatisch geregelt ist, muss ich nur die Geräte kalibrieren und regelmäßig eine Wartung durchführen, um einen funktionierenden Hygieneplan zu erstellen. Das sind meist einfache und kostengünstige Maßnahmen.
Allen Gesprächspartnern vielen Dank für das Gespräch.