Ich habe in den 1990er-Jahren Betriebswirtschaftslehre studiert und gleichzeitig in einem Fitnessstudio – damals das erste der neuen Generation in unserer Region – als Aerobictrainerin gearbeitet, um mir ein bisschen Geld nebenher zu verdienen. Mit der Zeit wurde mir die Arbeit mit Menschen, die ein gesundes und vitales Leben führen wollen, immer wichtiger und Wellness wurde zum Hauptberuf. Schließlich habe ich weltweit große Anlagen selbst geleitet und bekam Titel wie „Spa Manager“ oder „General Manager“. Wenn ich damals nach meiner Tätigkeit gefragt wurde und antwortete, ich sei „Spa Manager”, haben viele meiner GesprächspartnerInnen die Augenbrauen hochgezogen: Das ist echt ein Beruf? Ah, du verkaufst also Lippenstifte? Und was macht man da so? – waren übliche Reaktionen. Irgendwann wurde es mir zu bunt und ich beschloss, meinen Master of Business Administration an einer renommierten Universität in Großbritannien zu machen. Ich wollte endlich ernst genommen werden in einem Beruf, der mir viel abverlangte.
Anforderungsprofil eines Spa-Managers
Spa-Management bedeutet nicht nur, Kosmetik zu verkaufen. Ein Spa-Manager hat viele verschiedene Aufgabenbereiche, dazu gehören
- Personalführung
- Betriebswirtschaftliches Wissen
- Service unmittelbar am Gast
- Kenntnisse über Therapien
- Produktwissen
- Technisches Knowhow
- Strategisches Denken
- … und vieles mehr
Die erforderlichen Kompetenzfelder sind breit gefächert. Zusätzlich verkörpert der Spa-Manager auch noch die Schnittstelle zu diversen anderen Abteilungen im Unternehmen.
In der Vergangenheit – und das ist leider oft heute noch so – wurde einfach diejenige Kosmetikerin zum Spa-Manager ernannt, die dem Betrieb am längsten treu war. Zack, so simpel kann’s gehen! Die Problematik ist folgende: Diese Person hat sicherlich tolle Behandlungen geboten, war vielleicht eine prima Verkäuferin im Kosmetik-Retail-Bereich. Aber hat sie auch schon Personal geführt? Wie steht es ums betriebswirtschaftliche Wissen? Was versteht sie von Schwimmbadtechnik und Hygienevorschriften? Man stelle sich gleiche Herangehensweise in der Food-and-Beverage-Branche vor – einfach den betriebsältesten Chef de Rang zum F&B-Direktor zu ernennen. F&B ist schließlich ein wichtiges Kernkompetenzfeld in der Hotellerie. Da gibt es einen F&B-Direktor, einen F&B-Manager, einen Teamleiter etc., die alle sorgsam ausgewählt und unterstützt werden. Von denen Knowhow, Erfahrung und Training in ihrem Bereich erwartet wird.
Das Spa als Profitcenter oder Must-have?Viele Hotelières sehen ihr Spa als ungeliebtes Stiefkind mit dem man sich eben arrangieren muss. Oder wie ein bekannter Hotelier, ehemals CEO einer großen und namhaften Hotelkette, in einem persönlichen Gespräch mit mir einmal sagte: „Ich habe richtig Angst, durch die Tür ins Spa zu gehen. Das ist eine fremde und angsteinflößende Welt für mich.“ F&B? – geliebte Herausforderung. Rooms Division? – Kinderkram. Sales-and-Reservation? – easy peasy. Aber Spa? – niemand traut sich. Diejenigen Hotelières jedoch, die nicht zögern auch ihr Spa inklusive Wellnessbereich als wichtige Kernkompetenz zu sehen, führen profitable Abteilungen in ihren ohnehin erfolgreichen Häusern. Das sind die Marktführer. Das sind die Profitcenter, die wahren Trendsetter. Wellness ist ein zeitloser Megatrend, sie ist tief in unserer Kultur verankert; das Bedürfnis nach Entspannung, Erholung und Auszeit wird nicht schwinden.
Spa-Management bleibt auch in der Zukunft eine große Herausforderung
Auch im Bereich Spa und Wellness gibt es deutliche Branchentrends, deren Befolgung entscheidend sein kann für zukünftigen Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens in dieser Sparte. Was neulich noch eine Vision war, ist heute schon Realität. Stets nur der Konkurrenz nachzulaufen, bringt kein Unternehmen wirklich weiter, vielmehr soll die Marke selbst zum Erlebnis werden. Daher braucht es eine angemessene Strategie, um sich in die richtige Richtung zu entwickeln und in der Folge ein Spa profitabel führen zu können. Und hierzu wiederum ist ein Spa-Manager vonnöten, der weiß, was von ihm erwartet wird. Immerhin gibt es allein in Österreich um die zweitausend Spa-Hotels, der Markt ist riesig. Wie Benjamin Franklin es ausdrückte: “If you fail to plan, you are planning to fail”. Frei übersetzt heißt das: “Wenn Sie im Planen versagen, planen Sie das Versagen”. Was ist nun eigentlich strategisches Spa-Management?Warum funktioniert in einem Unternehmen ein Ansatz, im anderen aber nicht? Warum ist die Konkurrenz mit einem Angebot erfolgreich, unser Spa aber nicht?
Strategisches Spa-Managmenet hilft bei der Beantwortung von Fragen: Welche kurz-, mittel- und langfristigen Ziele wollen wir eigentlich erreichen? Meist kommt prompt die Antwort: Geld zu verdienen natürlich! Klar – Dem aber sind andere Zwischenerfolge vorausgesetzt, wie zum Beispiel hundertprozentige Kundenzufriedenheit, Markenimage, Kundentreue, MitarbeiterInnenzufriedenheit und vieles mehr. Was können beziehungsweise wollen wir unseren KundInnen versprechen? In anderen Worten: Was sind unsere Kernkompetenzen? Viele Spas, die ich beobachte, geben Versprechen, die sie gar nicht halten können. Da ist beispielsweise von „Luxus“ die Rede, wo gar keiner ist oder von „emotions“ im altbackenen Kellerloch. Welche Maßnahmen muss das Unternehmen ergreifen, um seine Ziele zu erreichen? Dies sind nur einige der Fragen, die im Rahmen des strategischen Spa-Managements aufkommen. Allerdings muss man auch beachten, dass eine erstellte Strategie noch lange kein Garant für Erfolg ist. Warum? Nun ja, die Spielregeln am Markt ändern sich – neue Trends können entstehen, KonsumentInnen haben vielleicht andersartige Bedürfnisse – unsere Kernkompetenzen sind dann wahrscheinlich nicht mehr ausreichend. Ich glaube, dass langfristig nur solche Spas erfolgreich sein können, die nicht nur versuchen, heutige Bedürfnisse ihrer Gäste zu befriedigen, sondern vor allem auch zukünftige.
key takeaway: strategisches Spa-Management beschäftigt sich mit der Zukunft
Es gibt viele Modelle im Marketing. Wie zum Beispiel der sales funnel, die AIDA-Formel, Porter’s Five Forces, um nur einige zu nennen. Wenn es um strategisches Management in Unternehmen geht, kann die interessierte Unternehmerin aus einer Reihe von Schemata auswählen, die sie auf ihr Business anwenden möchte. Das ist ein möglicher Ansatz, den ich für nicht ganz ideal halte. Jedes Unternehmen funktioniert anders, jede Industrie hat andere Kräfte, jeder KundInnenkreis hat andere Bedürfnisse. Ein und dasselbe Modell oder denselben Entwurf auf jedes beliebige Unternehmen anzuwenden, macht wohl keinen Sinn. Jeder Betrieb sollte seinen eigenen Ansatz finden. Dennoch können altbekannte Konzepte und Formeln als Grundlage dienen, also quasi als erstes Gerüst, welches dann individuell umgebaut wird, sodass das eigene spezielle Spa gemäß seiner Identität verfeinert und vervollkommnet werden kann.
Die Schritte im strategischen Management
Ziele setzen Das ist die Berufs-, Geschäfts-, und Unternehmensregel Nummer 1! Nur wenn ich weiß, wo ich hinwill, kann ich meine Ressourcen sinnvoll einsetzen, um dahin zu gelangen.
Analyse des Ist-Zustandes Dazu könnte die gute alte SWOT-Analyse gehören, bei der das Unternehmen nicht nur interne Stärken und Schwächen identifiziert, sondern auch nach außen schaut auf Konkurrenz, Politik, Gesellschaft, InvestorInnen, Trends etc., um Gefahren oder Möglichkeiten zu erkennen. Ich persönlich mag die SWOT-Analyse, weil bildlich klar ersichtlich wird, in welchen Bereichen das Unternehmen Veränderungen hervorrufen kann, die vom Management beeinflusst werden können (wie zum Beispiel die Personalpolitik), und solche, auf die das Management keinen Einfluss hat, aber dennoch darauf reagieren muss (wie zum Beispiel Trends am Markt oder gesetzliche Normen).
Strategieformulierung und Bewertung Dabei werden die strategischen Alternativen zur Erreichung der Ziele bewertet. Konsequenzen von unterschiedlichen Strategien werden meistens finanziell gemessen, also wie ein monetäres Ziel erreicht werden kann. Methoden dazu sind beispielsweise Investitionsrechnungsverfahren oder Businesspläne. Ich halte es für Hotel-Spas absolut für sinnvoll, strategische Optionen auch auf Geschäftsfeldebene (hier also z. B. Spa) zu entwickeln. Meist ergibt dies bei kleineren Unternehmen wesentlich mehr Sinn als ausschließlich auf Unternehmerinebene. Allerdings muss man hier darauf achten, dass die Gesamtperspektive des Unternehmens (also Hotel & Spa) berücksichtigt wird.
Umsetzung Strategisches Spa-Management stellt nicht die exakte Planung im Sinne eines spezifischen Anfangs- und Endpunkts am Tag X dar. Vielmehr ist ebendieses ein komplexer Prozess, gekennzeichnet von einer Reihe von Überschneidungen, Rückkopplungen und wiederkehrenden Entscheidungen.
Monitoring und Controlling Regelmäßige prozessbegleitende Überwachung ist notwendig. Wenn das Unternehmen zu weit vom Ziel abweicht, kann es sinnvoll sein, korrektive Maßnahmen frühzeitig einzuleiten. Das heißt dann unter Umständen auch, wieder von vorne anzufangen.
Daher brauchen wir die Serie strategisches Spa-Management Aus diesen Gründen wird es hier in den nächsten Ausgaben eine spannende Miniserie, Strategisches Spa-Management, geben. Wir werden uns eingehend mit den Themen: Service, Qualität und KundInnenzufriedenheit beschäftigen. Da es schon genügend theoretische Literatur zum Thema gibt, werden unsere Artikel „hands-on“ sein. Das heißt es erwarten Sie echte Praxisbeispiele mit umsetzbaren Ideen und sinnvollen Hinweisen. Unsere Serie Strategisches Spa-Management will Unternehmen dabei helfen, den Spagat zwischen wachsendem Gästeanspruch an Servicequalität und zunehmenden Herausforderungen (wie z. B. auch der Mangel an qualifizierten Führungskräften) zu meistern.
© WELLNESS WORLD Business 2/2019