Hyaluronsäure, Kollagen, Retinol, diverse Vitamine oder andere Substanzen – das alles soll unserer Haut dabei helfen wieder prall und jugendlich auszusehen. Denn jung und damit agil – das wollen die meisten von uns, alt auszusehen ist eher unerwünscht. Besucht man nun ein Kosmetikstudio oder eine Drogerie, dann sieht man unzählige Mittel, die die unliebsamen Folgen des Alters nicht nur aufhalten, vielmehr das Rad der Zeit angeblich sogar zurückdrehen können. Cremes, Pillen, Säfte – die Palette der Anti-Aging-Produkte ist ziemlich breit und für jeden Hauttyp und jedes Alter ist mit Garantie das Richtige dabei. Und zwar nicht nur für das ganze Gesicht, sondern auch für den Körper gibt es vielversprechende Produkte, um selbst beim Älterwerden frisch und jugendlich zu erscheinen. Dazu gesellen sich die sogenannten Superfoods, die zum Teil das Gleiche versprechen. Diesbezüglich meint Dr.ª Hajnal Kiprov, Dermatologin aus Wien: „Mit Anti-Aging-Produkten kann man nur leichte Effekte erzielen. Ich empfehle unseren Patienten therapeutische Cremes, die auf speziellen, sehr wirkungsvollen Formulierungen basieren, die verschiedene Bedürfnisse der Haut abdecken. Wann man mit der Prävention starten sollte, hängt ganz vom eigenen Hauttyp ab.
Todfeind freie Radikale
An der Hautalterung sind zum Teil die freien Radikale schuld. Abhilfe schaffen antioxidative Wirkstoffe, die vor oxidativem Stress schützen. Die wichtigsten Antioxidantien sind die Vitamine E und C. Das Vitamin E schützt die Zellwände und das Vitamin C übernimmt den Schutz im Inneren der Zelle. Verschiedene andere Vitalstoffe unterstützen dieses System: Beta-Karotin (Karotten), Polyphenole (Trauben, Beeren), Lycopine (Tomaten) und Flavonoide (Zitrusfrüchte, Äpfel) sowie Zink, Kupfer, Mangan und Selen.
Christina Wolff-Staudigl von der Naturparfumerie und dem Reformhaus Staudigl hat sich grundlegend mit den diversen Wirkstoffen bezüglich Anti-Aging beschäftigt. Sie hat eine umfassende Erklärung für Antioxidantien: „Ein bildhaftes Beispiel kann das einfach erklären: Ein geschälter Apfel verfärbt sich an der Luft. Er wird braun, weil die Stoffe an der Oberfläche mit dem Sauerstoff oxidieren. Benetzt man die Schnittstellen mit Zitronensaft – einem Antioxidans – reagiert der Apfel nicht mit dem Sauerstoff und behält seine Farbe.
Diese aggressiven Sauerstoffmoleküle nennt man auch Freie Radikale. Sie führen zu schädlichen Oxidationsprozessen in den Zellstrukturen, die sich nicht mehr oder nur schlecht regenerieren können. Das Altern der Haut wird durch das Einwirken von freien Radikalen beschleunigt. Antioxidantien sind daher – wiederum ganz allgemein gesprochen – Substanzen, die Oxidationsvorgänge unterbinden oder verzögern. Obwohl Antioxidantien von Natur aus in der Haut vorkommen, um freie Radikale einzufangen, ist dieses Maß nicht immer ausreichend. Die Anzahl freier Radikale kann beispielsweise durch Rauchen, Sonnenlicht, Stress, Alkohol, Luftverschmutzung und ungesunde Ernährung stark zunehmen. Hinzu kommt, dass der Vorrat an Antioxidantien mit den Jahren stetig abnimmt. Eine Vielzahl von Kosmetika, besonders die Gruppe der Anti-Aging-Produkte, ist daher mit Antioxidantien ausgestattet.“
Der richtige Zeitpunkt
Mittlerweile schmücken sich sehr viele Produkte mit dem Zusatz „Anti-Aging“. Aber wann ist denn der richtige Zeitpunkt, die Haut vor dem Älterwerden zu schützen? Dazu meint Christina Wolff-Staudigl: „Mit etwa 25 Jahren ist die Haut „erwachsen“ geworden. So neu und so frisch wird sie nie wieder sein. Der Alterungsprozess beginnt. Doch wie schnell die Haut altert hängt von der genetischen Veranlagung, von Umwelteinflüssen und vom Lebensstil ab. Es ist daher wichtig, die Hautpflege nach den individuellen Hautbedürfnissen und nicht nur nach dem Alter auszurichten. Besondere Aufmerksamkeit sollte man der sensiblen Augenzone widmen. Hier ist Anti-Aging auch frühzeitig sinnvoll.“
Als erwiesen gilt, dass etwa 80 Prozent der altersbedingten Veränderungen im Erscheinungsbild der Haut auf UV-Strahlung zurückzuführen sind. Sie beschleunigt und verstärkt den Alterungsprozess deutlich. Der erste und essenziellste Anti-Aging-Schutz ist daher konsequenter UV-Schutz – er hält die Haut länger jung. Die Haut vergisst keinen Sonnenstrahl, weiß der Volksmund. Ungeschützt summieren sich die Schäden in den Zellen im Laufe der Zeit, das führt zur vorzeitigen irreparablen Hautalterung. Davon ist auch Dr.ª Hajnal Kiprov überzeugt: „Besonders wichtig ist das regelmäßige Auftragen von Sonnenschutzmittel. Am besten mit einem hohen Sonnenschutzfaktor bei Sonnenexposition.“
Die Dermatologin geht auch auf das Thema Hormone ein, die ja bekanntlich punkto Falten einiges bewirken können: „In freiverkäuflichen Anti-Aging-Kosmetikprodukten können pflanzliche Hormone, sogenannte Phytohormone wie Soja-Isoflavone, enthalten sein.“ Christina Wolff-Staudigl stimmt ihr zu: „In der Kosmetik werden Phytohormone eingesetzt, meistens als Extrakt sekundärer Pflanzeninhaltsstoffe. Sie sollen die Hyaluronsäuresynthese stimulieren, die Kollagensynthese und die Zellneubildung anregen und den Kollagenabbau in der Haut verlangsamen. Pflanzen mit hohem Gehalt an Phytohormonen sind zum Beispiel Soja, Rotklee, Weiße Lupine, Granatapfel, Traubensilberkerze, Artischocke, Grüntee oder Yamswurzel. Sie wirken sowohl in Pflegeprodukten als auch in Nahrungsergänzungen.“
Wundermittel Retinol
In den letzten Jahrzehnten hat der Anti-Aging-Wirkstoff Retinol zunehmend an Bedeutung gewonnen. Vor mehr als hundert Jahren von einem amerikanischen Biochemiker namens Elmer McCollum entdeckt und vom Schweizer Chemiker Paul Karrer grundlegend erforscht, hat das sogenannte Wundermittel einen Boom ausgelöst. Aber worum handelt es sich bei Retinol? Christina Wolff-Staudigl: „Retinol ist ein Vitamin-A-Derivat. Es hat einen schälenden Effekt, trägt zur Erneuerung der Hornschicht bei, das bedeutet, Pigmentflecken werden heller, große Poren auf ein Minimum reduziert – ein klares Hauptbild entsteht. Da Vitamin-A-Derivate lichtinstabil sind, sollten Retinol-Produkte abends verwendet werden. Vor allem im Sommer kann es durch die verstärkte Belastung durch UV-Strahlen zu Irritationen kommen. Auch bei sensibler Haut (Rosacea, Ekzeme) oder entzündlicher Akne sollte man vor Gebrauch einer retinolhaltigen Pflege einen Dermatologen zu Rate ziehen.“ Dr.ª Hajnal Kiprov ergänzt: „Retinol regt die Zellproliferation an, die für Neubildung von Kollagen sorgt. Retinol hilft bei trockener, schuppiger Haut, Sonnenschäden und leichten Falten. Besonders wirksam ist die Vitamin-A-Säurecreme, die aber nur bei einem ästhetischen Arzt verfügbar ist.“
Individuelle Inhaltsstoffe
Der Erfolg von Anti-Aging-Produkten ist in erster Linie von deren Inhaltsstoffen abhängig. Moderne Anti-Aging-Produkte kombinieren verschiedene Wirkstoffe, um die Haut auf mehreren Ebenen zu pflegen. Sie gleichen verlorengegangene Feuchtigkeit in der Haut aus, reaktivieren die Hautzellen und schützen die Haut an der Oberfläche gegen schädliche Einflüsse. Dr.ª Hajnal Kiprov: Anti-Aging Produkte werden auch Cosmeceuticals genannt, also die Kombination aus Kosmetik und Medikament. Sie bestehen aus Inhaltsstoffen wie Vitamin-A-Retinol, Vitamin A, C, E, Panthenol, Koenzym Q10, Alpha-Hydroxy-Säuren, Aminosäuren oder Phytohormonen. Christina Wolff-Staudigl: „Die Produkte unterscheiden sich, woraus, wo und wie die Wirkstoffe gewonnen werden und natürlich auch in der Technologie. Die Kosmetikfirmen forschen ja rund um den Globus und immer wieder werden neue Anti-Aging-Wirkstoffe entdeckt. Die Kaufentscheidung ist heute keine Frage der Wirksamkeit mehr, sondern eine reine Gefühlsentscheidung.“
Anti-Aging in der Naturmedizin
Mehr und mehr Menschen entschließen sich heutzutage für Kosmetikprodukte aus dem Bereich der Naturmedizin. Und das aus vielerlei Gründen, wie Christina Wolff-Staudigl weiß: „Kontrollierte Naturkosmetik enthält z. B. keine Paraffine, Silikone oder Formaldehydabspalter und ist auch frei von tierischen Inhaltsstoffen und Mikroplastik. Zudem wirken reine ätherische Öle harmonisierend auf Körper, Geist und Seele. Bei der Produktion wird auf Nachhaltigkeit und fairen Handel gesetzt. Für mich bedeutet Naturkosmetik immer auch „Happy Aging“, weil sie nicht nur die Haut schützt und pflegt, sondern auch unsere Umwelt gesund erhält.“ Dr.ª Hajnal Kiprov: „Es gibt endlos viele Pflanzenwirkstoffe im Bereich Anti-Aging. Die Topseller in den USA sind Gingko Biloba, Ginseng, Knoblauch, Echinacea, Soja, Kava-Kava, Cranberry, Kaffee, Avocado und Aloe Vera
Infobox
Das können die Inhaltsstoffe von Anti-Aging-Produkten:
Hyaluronsäure bindet enorm viel Feuchtigkeit und polstert die Haut auf.
Retinol erneuert die Hornhaut und hemmt den Kollagenabbau.
Mineralstoffe stärken und schützen unsere Hautzellen.
Vitamin C wirkt antioxidativ und fördert die Kollagenbildung.
Phytohormone unterstützen altersbedingt nachlassende Hautfunktionen.
Peptide (Eiweißbausteine) regen den natürlichen Regenerationsprozess an.
Antioxidantien wehren UV-Strahlung und freie Radikale ab.
Koenzym Q10 versorgt die Zellen und das Immunsystem der Haut mit Energie.
Fruchtsäuren und Salicylsäuren lösen abgestorbene Hautschüppchen und stimulieren die Hauterneuerung.
Christina Wolff-Staudigl
Die Drogistin ist die Inhaberin vom Reformhaus und von der Naturparfumerie Staudigl in der Wiener Wollzeile. Die Naturparfumerie eröffnete sie im Jahr 2003. Ihr Motto: Naturkosmetik und hochwertige Reformwaren sind eine wunderbare und zugleich lustvolle Möglichkeit, mit ganzheitlicher Sicht mehr Naturverständnis zu vermitteln. Mehr Information: www.staudigl.at
Dr.ª Hajnal Kiprov
Die Dermatologin eröffnete zunächst eine Kassenpraxis in Hietzing, hat sich aber von Anbeginn zur Schönheitsmedizin berufen gefühlt. Heute bieten über zehn SpezialistInnen an zwei Standorten – im ersten und im dreizehnten Wiener Gemeindebezirk – bestmögliche professionelle und persönliche Betreuung. Das Motto der Ärztin: „Sanfte Schönheitsmedizin mit Verstand und möglichst ohne Schnitt.” Mehr Information: www.kiprov.com
© WELLNESS WORLD Business 2/2019