In der Gesundheitsvorsorge ist Prävention besonders wichtig. Wer seinem Körper rechtzeitig Gutes tut, bleibt länger gesund und agil. Das wird auch immer mehr Verbrauchern bewusst und Versicherungen forcieren Angebote, die präventiv wirken. So meint etwa Vorstandsdirektor Manfred Rapf von der Wiener Städtischen Versicherung: „Es ist sehr erfreulich, dass für die Österreicherinnen und Österreicher die Themen Gesundheit und Prävention immer mehr in den Vordergrund rücken – man setzt sich bewusst mit dem Thema auseinander.“ Auch in der Schweiz und in Deutschland ist Prävention ein wichtiges Thema. Doch während in Österreich die Versicherungen auf Kooperationen mit Wellnessanbietern, Thermen und Spas setzen und manche deutsche Versicherer Gesundheitsreisen subventionieren, ist das in der Schweiz oft leider nicht der Fall.
Walter Lunner, Generaldirektor-Stellvertreter der SVA: „Wir freuen uns, wenn wir die qualifizierten Gesundheitsangebote von Wellnesshotels und Spas mit in unser Portfolio aufnehmen können.“ ©www.photo-simonis.com
Kooperationen in Österreich
Um Partner von Versicherungen oder Krankenkassen zu werden, müssen die Anbieter in Österreich verschiedene Kriterien erfüllen. So können etwa Kunden der Österreichischen Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) jedes Jahr einen „Gesundheitshunderter“ geltend machen. Sie bekommen also von der SVA quasi einen Gutschein über hundert Euro, den sie für präventive Gesundheitsmaßnahmen geltend machen können. Walter Lunner, Generaldirektor-Stellvertreter der SVA: „Die Versicherten können mit dieser Unterstützung selbstverantwortlich in den Bereichen Bewegung, Ernährung, mentale Gesundheit oder Tabak-Entwöhnung aktiv werden. Derzeit gibt es rund 1.600 Partnerinstitutionen, bei denen unsere Kunden den SVA-Gesundheitshunderter einlösen können. Wir freuen uns, wenn wir die qualifizierten Gesundheitsangebote von Wellnesshotels und Spas mit in unser Portfolio aufnehmen können.“ Anbieter im Rahmen des SVA-Gesundheitshunderters müssen die SVA-Kriterien erfüllen, beispielsweise Qualifikationen zum Sportwissenschafter oder Physiotherapeuten im Bewegungsbereich oder Qualifikationen zum Diätologen oder Ernährungswissenschafter im Ernährungsbereich nachweisen können. Weiters werden beispielsweise Ärzte im Tabakbereich benötigt – oder klinische und Gesundheits-Psychologen im Bereich mentale Gesundheit. „Möchte der Anbieter ein fixer Kooperationspartner der SVA werden, dann kann er spezielle Pakete für SVA-Kunden schnüren. Neben der Qualifikation muss das Paket folgende Punkte sicherstellen: Das Paket oder Programm ist mehrstufig, das heißt, es enthält verschiedene Aspekte: erstens eine Ist-Analyse, Anamnese beziehungsweise Diagnostik, zweitens ein Coaching, eine Schulung oder einen Vortrag und drittens einen praktischen Input. Wichtig ist außerdem, dass ersichtlich ist, für welche Zielgruppe das Paket geeignet ist, welche Methoden – inklusive Beschreibungen – sinnvoll sind und von wem die Maßnahmen durchgeführt werden. Und: Die Mindestkosten pro Paket betragen 150 Euro“, erklärt SVA-Pressesprecherin Karin Nakhai.
Bei der Wiener Städtischen wiederum wird Kunden des „Besser-Leben-Pakets“ ein umfangreiches Programm an Wellness-Aufenthalten im In- und Ausland, Ernährungs- und Fitnessangebote sowie Vorsorgeuntersuchungen geboten. Rapf: „Hotels müssen für Kooperationen mit der Wiener Städtischen mindestens 4 Stern-Standard haben, Wellness- und Gesundheitseinrichtungen aufweisen und ganzjährig buchbar sein (ausgenommen ausgewählte Sperrzeiten). Mindestaufenthalt sind zwei Nächte, Basis mindestens Halbpension. Zumeist ist eine Wellnessleistung in unserem Paket inkludiert. Es wird ein Vertrag mit dem neuen Anbieter abgeschlossen, die Kundinnen und Kunden erhalten einen Gutschein zur direkten Leistungsverrechnung und bezahlen lediglich individuell gewählte Zusatzleistungen. Besonders gerne und häufig genützt werden übrigens Massagen.“ Auch die UNIQA bietet – unter dem Titel „VitalPlan“ – ihren Versicherten Aufenthalte in Wellnesshotels. Alle zwei Jahre können die Kunden im Rahmen ihrer Versicherung einen Hotelaufenthalt buchen. Verrechnet wird direkt zwischen Versicherung und Hotel. „Insgesamt haben etwa 60.000 bis 70.000 Kunden den „VitalPlan“-Tarif abgeschlossen. Allein 2017 wurden über UNIQA rund 22.000 Hotelaufenthalte in Anspruch genommen. Insgesamt arbeiten wir mit mehr als 200 Wellnesshotels zusammen. Die Verträge werden alle zwei Jahre ausverhandelt. Dabei fließen auch die Erfahrungen und das Feedback unserer Kunden in die Verhandlungen ein“, erklärt Filip Kisiel, Projektleiter Gesundheitsmanagement bei der UNIQA.
Die St. Martins Therme & Lodge im Burgenland etwa kooperiert gleich mit mehreren Versicherungen: Wiener Städtische, UNIQA, Raiffeisen, Donau Versicherung und mit der Generali. Seit 2016 ist man Kooperationspartner. Die Betreiber zeigen sich sehr zufrieden mit den Partnerschaften. So komme es dadurch zu einer besseren Auslastung und einem höheren Bekanntheitsgrad, sagt die Marketingverantwortliche Lisa Brettl. Nachteile gäbe es dadurch „eigentlich nicht“.
SVA-Pressesprecherin Karin Nakhai: „Möchte der Anbieter ein fixer Kooperationspartner der SVA werden, dann kann er spezielle Pakete für SVA-Kunden schnüren.“ ©Katharina Schiffl
Schweiz: Nur Heilbäder
In der Schweiz sind solche Kooperationen – zumindest mit der gesetzlichen Versicherung – nicht vorgesehen: Wellness und Spas gehören grundsätzlich nicht zu den kassenpflichtigen Leistungen der obligatorischen Krankenversicherung. Die Krankenkassen übernehmen aber die Kosten von Heilbädern. Gemäß Artikel 40 des Krankenversicherungsgesetzes müssen die Heilbäder von dem Bundesdepartement des Inneren anerkannt sein um zugelassen zu sein. Der Bundesrat legt die Anforderung fest, welche die Heilbäder hinsichtlich ärztlicher Leitung, erforderlichem Fachpersonal, Heilanwendungen und Heilquellen erfüllen müssen. Die Artikel 57 und 58 der Verordnung über die Krankenversicherung geben noch mehr Details. „Heute sind es aber nur Kliniken, die Heilbäder anbieten“, erklärt Christophe Kaempf, Mediensprecher der santésuisse. Und auch Silvia Schnidrig, Leiterin der Unternehmenskommunikation bei der SWICA Gesundheitsorganisation, sagt: „Leistungen von Wellnesshotels sind bei uns weder aus der Grund- noch aus der Zusatzversicherung gedeckt. Im Grundsatz gilt, dass Heilbäder in Frage kommen. Es braucht dazu eine medizinische Indikation, Fachpersonal, therapeutische Einrichtungen und das Heilbad muss unter ärztlicher Aufsicht stehen.“
Filip Kisiel, Projektleiter Gesundheitsmanagement bei der UNIQA: „Allein 2017 wurden über UNIQA rund 22.000 Hotelaufenthalte in Anspruch genommen.“ ©UNIQA
Deutscher Versicherungsdschungel
In Deutschland gibt es mehr als hundert verschiedene Krankenkassen und -versicherungen. Manche bieten spezielle Leistungen wie Gesundheitsreisen für ihre Versicherten. So kooperiert zum Beispiel die atlas BKK ahlmann mit dem Anbieter Aktivera Gesundheitsreisen, der Versicherten besondere Konditionen gewährt. In Kooperation mit verschiedenen Partnern bietet auch die Bergische Krankenkasse 4-Tagesprogramme und Wochenprogramme in ausgewählten Kurorten in Deutschland an. Dabei handelt es sich um zertifizierte Programme nach den gesetzlichen Vorschriften, wie man sie zum Beispiel im Vital- und Wellnesshotel zum Kurfürsten findet. Mehr als 40 verschiedene deutsche Versicherungen haben diverse Tarife im Programm, die auch Gesundheitsreisen subventionieren. Wer Interesse an einer Kooperation hat, wird sich an die verschiedenen Versicherer wenden müssen. So heißt es zum Beispiel von der AOK, dass es auf Bundesebene keine einheitliche Regelung gäbe. Für nähere Auskunft müsse man sich an die regionalen Vertretungen wenden. Auch der GKV-Spitzenverband empfiehlt, sich direkt an die einzelnen Krankenkassen zu wenden. Es lohnt auch, bei den privaten Krankenversicherern anzufragen. Vom BKK Dachverband e.V. heißt es: „Wenn Sie in Ihrem Leistungsspektrum Angebote wie Nordic Walking, Yoga, Aquafitness, Autogenes Training oder gesunde Ernährung anbieten, wäre eine Förderung über die Krankenkassen denkbar. Diese Angebote müssen allerdings durch die Zentrale Prüfstelle Prävention zertifiziert sein.“ Die Zertifizierungskriterien sind beim GKV-Spitzenverband zu erfragen und umfassen beispielsweise die fachliche Qualifikation ebenso wie Kriterien für die Kurskonzepte.
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Folgende Kriterien sind von Anbietern bzw. Kooperationspartnern für den SVA Gesundheitshunderter zu erfüllen:
Im Bereich BEWEGUNG:
- Sportwissenschafter sowie Absolventen des Unterrichtsfaches Bewegung und Sport
- Arzt mit ÖÄK-Diplom Sportmedizin oder nachweislichen Zusatzqualifikationen im Bereich Bewegung und Sport
- Physiotherapeuten
- Gesundheitsmanager oder Person mit Ausbildungen im Bereich Public Health (mit nachweislichen Zusatzqualifikationen)
- Staatlich anerkannte Ausbildungen (Lehrwarte, Instruktoren, Trainer und Sportlehrer) im Bereich Bewegung und Sport
- Lizenzierte Übungsleiter (Lernergebnisse sollen jene von staatlich anerkannten Ausbildungen beinhalten, Beispiele sind: Anleitungskompetenz und Ausbildung zur Planung, Durchführung und Evaluation von Bewegungsangeboten, allgemeine sportliche Grundausbildung)
- Lebens- und Sozialberater (§ 119 GewO idgF), eingeschränkt auf sportwissenschaftliche Beratung
Weiters werden die Kriterien für folgende Bereiche angeführt:
ERNÄHRUNG & GEWICHT
STRESS- und BURNOUTPRÄVENTION (Mentale Gesundheit)
ENTSPANNUNG & KÖRPERARBEIT (Mentale Gesundheit)
TABAKENTWÖHNUNG
Online finden Sie die genauen Anbieterkriterien der SVA unter kooperationspartner.svagw.at
© WELLNESS WORLD Business 1/2019