Erkrankungen der Lunge (Lungenentzündung, Asthma …) beruhen auf verschiedenen äußeren und inneren krank machenden Faktoren. Äußere Faktoren sind beispielsweise Wind, Kälte, Hitze, Feuchtigkeit: Dringen sie in den Körper ein, so wird er primär geschwächt und kann in weiterer Folge erkranken. Innere Faktoren sind die persönliche Konstitution, emotionale Stärke, Art der Ernährung und geregelte Bewegung im (Blut, Verdauung) und durch den Körper.
Eine gesunde Abwehrkraft stützt sich daher auf folgende Faktoren:
- Gute Konstitutionsenergie
- Indivieull angepasste Ernährung
- Bewegung
- Atmung
- Ausleben von Emotionen
- Positive Lebenseinstellung
Beim Auftreten von Erkrankungen der Lunge liegen die Schwächen zumeist im Organkreis des Magens und der Milz sowie im Organkreis der Lunge selbst. Dementsprechend werden in der chinesischen Medizin überwiegend Veränderungen dieser Organkreise – beispielsweise Milz-Qi-Mangel, Lungen-Qi-Mangel und Lungen-Yin-Mangel – behandelt.
Die Organebene des Verdauungstraktes ist für die Ausbildung der Immunität zuständig. Daher muss der Organkreis Magen/Milz aus den Nahrungsessenzen genügend Qi extrahieren, um uns am Leben zu erhalten. Hierfür eignen sich besonders gut alle Wurzel- und Knollengemüse wie Kartoffeln, Karotten, Petersilwurzeln, Sellerie, Süßkartoffeln, Zwiebeln, Lauch, alle Kürbisarten, Rindfleisch, Karpfen, Hirse und Hafer. Westliche Kräuter wie Bohnenkraut, Liebstöckel, Oregano, Majoran, Lorbeerblatt, frischer Ingwer, Kümmel, Fenchel und Anis verhindern Fermentierungsprozesse in Magen und Darm und somit die Bildung von Abfallprodukten (in der TCM als „Feuchtigkeit“ und „Schleim“ bezeichnet). Der Verdauungstrakt kann durch Bewegung, regelmäßiges und warmes Essen sowie durch ein nahrhaftes Frühstück zwischen sieben und elf Uhr vormittags (die Organuhrzeit von Magen und Milz) gestärkt werden. Gleiches gilt für den Organkreis der Lunge. Die Lunge ist eine wichtige Ebene des Abwehrsystems, die besonders vor eindringenden äußeren Faktoren schützt. Daher wird die Funktion der Lunge in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) oft mit dem westlichen Begriff des Immunsystems verglichen. Bei einer Schwächung der Lunge kommt es einerseits zur Schwächung aller inneren Organe, da die Lunge ihrer Funktion, das sogenannte Nähr-Qi im ganzen Körper zu verteilen, nicht nachkommen kann. Andererseits wird der Organismus erkältungsanfällig, weil die Zirkulation des sogenannten Wei-Qi, das uns vor äußeren pathogenen Einflüssen schützt, nicht mehr gewährleistet ist.
Lungen-Qi-Mangel. Die Ursachen für eine Qi-Schwäche der Lunge sind häufig in einer Unfähigkeit des Organismus begründet, Qi aus der Nahrung zu extrahieren, in der TCM als Milz-Qi-Schwäche bezeichnet. Weitere Ursachen sind Umweltverschmutzung und schlechte Luftqualität, nicht bewältigte Trauer, Überarbeitung, Berufe, in denen sehr viel gesprochen werden muss, lang andauernder Husten, sowie chronische Erkrankungen. Die auftretenden Beschwerden sind Schwächegefühl, Erschöpfung, schwache Stimme mit nur kurzen Sprechzeiten, kraftloser Husten, Kurzatmigkeit, bleiche Gesichtsfarbe, und falls das Abwehr-Qi bereits angegriffen ist, kommt es tagsüber zu spontanen Schweißausbrüchen sowie zu Erkältungsanfälligkeit. Die empfohlenen Nahrungsmittel sollten hauptsächlich in Form von gekochten Speisen eingenommen werden, da der Genuss von Rohkost besonders in der kalten Jahreszeit das Qi zusätzlich schwächt.
Lungen-Yin-Mangel: Eine Lungen-Yin-Schwäche könnte in westlichen Begriffen als Austrocknung der Lunge und Pleura bezeichnet werden. Sie kann als Folge von chronischen Lungenerkrankungen, wie z. B. Bronchitis, oder auch als Spätfolge von Keuchhusten, übergangenen grippalen Infekten und chronischen Pneumonien entstehen. Zudem geht jede chronische, auszehrende Erkrankung mit einer Schwächung des Lungen-Yins einher, da in diesen Fällen das Blut und die Körperflüssigkeiten generell erschöpft werden.
Typische Symptome einer Lungen-Yin-Schwäche sind trockener, bellender, zumeist unproduktiver Husten (im Falle von Auswurf ist er zähflüssig, gelb), Kratzen in der Kehle, raue Stimme, erhöhte Körpertemperatur spät nachmittags mit geröteten Wangen, Durstgefühl mit der Unfähigkeit viel auf einmal zu trinken, Nachtschweiß und roter trockener Zungenkörper.
Ernährung als Heilmittel. Eines der wichtigsten Heilmittel in der chinesischen Medizin ist die Ernährung. Der Arzt kann unterstützend mit chinesischen Heilkräutern, die individuell verordnet werden, sowie Akupunktur den Behandlungserfolg beschleunigen. Es ist jedoch schwierig, eine generell schlechte Ernährung rein durch Kräutertherapie und Akupunktur auszugleichen. Als generell immunschwächend gelten in der TCM folgende Nahrungsmittel und Essgewohnheiten:
- - Raffiniertes Essen: weißes Mehl, Fast Food, Zucker. Das einzige Süßungsmittel, das die Milz/Bauchspeicheldrüse nicht angreift, ist Stevia.
- - Überessen: führt zu Nahrungsstagnation und Fermentierungsprozessen, wodurch die Resorption behindert und die Entstehung von Pilzen gefördert wird.
- - Rohkost kurz vor dem Essen: kühlt das Magen-Qi ab und kann in weiterer Folge zu Nahrungsstagnation führen.
- - In der Mikrowelle zubereitete Speisen: das Qi der Speisen wird dadurch zerstört.
- - Tiefkühlkost: enthält nicht mehr soviel Qi wie frische Nahrungsmittel. Kleinkinder, ältere oder kranke Menschen können nicht mehr genügend Qi daraus beziehen.
- - Essen spätabends: blockiert die blutreinigende Funktion der Leber, bringt die Verdauung zum Stillstand, verursacht Gärungsprozesse, Stagnation von Blut und Qi und die Entstehung von „Schleim“ sind die Folge.
- - Rohkost und Milchprodukte abends: kühlen den Verdauungstrakt ab und können um diese Zeit nicht mehr verdaut werden.
- - Übermaß tierischen Proteins
- - Minderwertige Öle, Margarine
- - Bestrahlte und geschwefelte Nahrungsmittel
So manches wird Ihnen davon bekannt vorkommen, da es heute ein Teil moderner Ernährungsempfehlungen ist. Viele Küchenzutaten werden in der chinesischen Medizin als Heilkraut eingesetzt. Dies beginnt beim Azukibohnen oder Reis und endet bei Gewürzen wie Ingwer oder Zimt. Aus Sicht der chinesischen Medizin sollte das für die Abwehr erforderliche Vitamin C im Falle einer bereits bestehenden Erkältungsanfälligkeit nicht aus Zitrusfrüchten bezogen werden, da sie den Organismus noch mehr auskühlen, sondern vielmehr aus frisch gehackter Petersilie. Im Falle einer Immunschwäche im modernen westlichen Sinne können Arzneien wie Ganoderma Luzidum oder Radix Astragalus eingesetzt werden. Vorbeugend gegen opportunistische Infekte ist Hafer ein exzellentes Mittel, als Suppe mit Karotten, Ingwer und Lauch genossen, oder aber morgens als süße Variation mit Datteln und Birnen. Hafer ist auch als Mittel zum Aufbau und Stärken der Lunge nach einer Lungenentzündung geeignet. Unbedingt gemieden werden sollten bei Lungenerkrankungen Kaffee, Schwarztee, scharfe Gewürze sowie Tabak. Rauchen schädigt das Lungen-Yin derart, dass aufbauende Nahrungsmittel fast keine Chance haben, besonders wenn eine chronische Erkrankung wie Asthma besteht. Bittere und scharfe Nahrungsmittel trocknen die Lunge noch mehr aus und sollten daher auch gemieden werden. Mit rohen Nahrungsmitteln ist es möglich, die Lungen kurzfristig zu befeuchten, auf längere Sicht gesehen verschleimen sie jedoch. Wirklich Substanz aufbauend sind nur gekochte Nahrungsmittel, daher leiden auch so viele Rohkostler unter Mangelerkrankungen.
Nahrungsmittel, die das Lungen-Qui tonisieren:
Vollwertreis, Süßreis, Hafer, Karotten, Kürbis, Süßkartoffel, Kartoffel, Fenchelknollen, Kichererbsen, Linsen, Fisolen, Kohl, Kastanien, frischer Ingwer, Marillen, Datteln, Reissirup, Gerstenmalz, Rindfleisch von exzellenter Qualität, Wild, Petersilie.
Nahrungsmittel, die das Lungen-Yin nähren oder zumindest befeuchten:
Zucchini, Melanzani, Spargel, Mandeln, Karotten, Kohl, Feigen, Kochsalat, Apfel, Birnen, Quitten, Kohlrabi, Bananen, Rote Rüben, Erdbeeren, Honigmelone, Haselnuss, Weizen (ungeschält!), Dinkel, Sellerie, Isländisches Moos, Eibischwurzel, Orangen, Pfirsiche, Wassermelone, Fisolen, Sojamilch, Tofu, Tempeh, Zuckerrohr, Reissirup, Leinsamen, Butter und Milchprodukte, Eier in Maßen und nur von exzellenter Qualität, Austern und Entenfleisch.
Birnencongee gegen Husten:
Drei bis fünf Birnen waschen, in Stücke schneiden und Saft auspressen, den ausgepressten Saft mit 50 g poliertem, rundkörnigen Reis und Zucker nach Bedarf in einen Tontopf geben und mit 400 ml Wasser eine Schleimsuppe (Congee) herstellen. Dazu köcheln Sie die Zutaten mindesten eine dreiviertel Stunde. Dies zwei- bis dreimal täglich leicht erwärmt einnehmen. Eine komplexe therapeutische Rezeptur kann Ihnen ein Arzt mit Ausbildung in chinesischer Medizin zusammenstellen. Die Akupunktur alleine ist bei Lungenerkrankungen eher bei akuten Ereignissen eine kurzfristige Maßnahme. Je länger und chronischer eine Erkrankung besteht, umso mehr muss sie mit Heilkräutern kombiniert werden. Krank machende Faktoren können sich im Körper festsetzen und verankern. Ist dies geschehen, so kann eine Therapie Wochen dauern – allerdings auch mit westlichen Mitteln.
Prof. Dr. Andrea Dungl-Zauner, Facharzt für Physik, Medizin & Rehabilitation.
Arzt f. Allgemeinmedizin.
Zentrum für Traditionelle Chinesische Medizin & Komplementärmedizin
Donauuniversität Krems
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WELLNESS WORLD Business, Ausgabe 4/2011