Wirkweise des Schiele-Bades
Fritz Schiele (1901 – 1990), erfolgreicher Hersteller therapeutischer Badezusätze, befasste sich eingehend mit medizinischen Bädern, so auch mit dem temperaturansteigenden Fußbad, von dessen „überragender Bedeutung“ er überzeugt war. Er beobachtete eine deutlich intensivere, aber zugleich schonendere Wirkung, wenn der Wärmeanstieg nicht stoßartig durch Zugießen heißen Wassers von oben, sondern langsam und gleichmäßig von unten erfolgt.
Schiele erkannte: Es ist die Fußsohle mit ihrem dichten Kapillarnetz, dem wenigen Unterhautfettgewebe und der stark gefurchten Haut, die besonders sensibel für therapeutische Reize ist. Über ihre zahlreichen Nervenendigungen, Thermorezeptoren und Reflexzonen lassen sich Gefäßsystem und Organe des ganzen Körpers tiefgreifend beeinflussen, und zwar bei maximaler Herzschonung, denn ihre Gefäße liegen am weitesten vom Herzen entfernt.
Schiele entwickelte ein spezielles Kreislauftrainingsgerät, ähnlich einer Fußbadewanne, die vom Boden her automatisch mit einem gleichmäßigen Temperaturanstieg von 0,5°C pro Minute beheizt wird. Badezusätze aus Heilpflanzen, Moor und basischen Salzen sowie naturreine ätherische Öle, im Kontext des Schiele-Bades „Vorweichöle“ genannt, von denen zuvor einige Tropfen unverdünnt in die trockene Fußsohle eingerieben werden, vertiefen die Wirkung des Schiele-Bades. Eine leicht kühlende, pflegende Lotion schließt die Anwendung ab.
Die langsame und gleichmäßige Erhöhung der Wassertemperatur an der Fußsohle löst über verschiedene Reflexe eine kräftige Durchblutungssteigerung im gesamten Körper aus. Die angeregte Normalisierung der Blutverteilung wirkt herzentlastend und blutdruckausgleichend, die reflektorischen Reaktionen trainieren Herz und Gefäße. Die bis in die feinsten Kapillaren gesteigerte Durchblutung führt den Zellen vermehrt Sauerstoff und Nährstoffe zu, löst Ablagerungen und Stauungen, aktiviert den Zell- und Organstoffwechsel, regt den Lymphfluss an, wirkt entgiftend, entsäuernd, milieuregulativ, immunstimulierend, analgetisch, entkrampfend und mild diuretisch.
Schiele gelang mit seiner Methode des „Passiven Kreislauftrainings“ eine heilsame Synergie aus Hydrotherapie, Reflexologie, Balneo- und Aromatherapie. Umgangssprachlich werden sowohl Gerät als auch Methode heute kurz als „Schiele-Bad“ bezeichnet.
Anwendungsgebiete (Auswahl)
Herz-, Kreislauf-, Gefäß- und Lymphsystem
Herzinsuffizienz, hoher und niedriger Blutdruck, Angina pectoris, Arteriosklerose, paVk, Gefäßkrämpfe, z. B. Raynaud-Syndrom, gefäßbedingte Migräne, Tinnitus, Lymphabflussstörungen, Ulcus cruris, Diabetischer Fuß
Kalte Füße und ihre Folgen
Dazu Dr. Abele: „Pfarrer Kneipp hat, wie Du weißt, den chronisch kalten Fuß als das Hauptübel der Kranken und als eine Hauptursache der Heilungshindernisse bezeichnet, und in der Tat, Du weißt ja: Wenn sich jemand die Füße erkältet, so bekommt er nicht etwa Frostblasen am häufigsten, sondern Grippe, Halsweh, Kiefer- oder Stirnhöhleninfekte, Magendarmkatarrhe und Nieren-/Blasenleiden. Unser Fuß ist offenbar ein ganz spezieller Körperteil, der mit allen Körperregionen engstens in Zusammenhang steht. … Ebenso klar ist, daß ein durchblutungsgestörter Fuß alles, was mit ihm in Verbindung steht, „krankmachen“ kann, und zwar dadurch, daß zunächst ebenfalls die Durchblutung stockt, dann der Säftestrom träge wird, dann der Sauerstofftransport erschwert wird und dadurch eine Stoffwechselübersäuerung eintritt, welche Hemmnis aller Heilungen ist.“
Stoffwechsel und Haut
Steigerung der Harnsäureausscheidung, Senkung erhöhter Cholesterinwerte (Badezusatz Solectron), Metabolisches Syndrom, Gicht, Rheuma, Diabetes Typ 2, Allergien, Psoriasis
Nervensystem, Bewegungsapparat und Schmerzen
Polyneuropathien (hier leistet das Schiele-Bad oft Hervorragendes!), Neuralgien, Nervenverletzungen, spastische Lähmungen, MS, Restless Legs, Schlafstörungen, Muskelverspannungen, Arthrose, Arthritis, Borreliose, zur Regeneration und Senkung des Laktatspiegels nach sportlicher Anstrengung
Atemwege und Urogenitalbereich
Sinusitis, Bronchitis, Asthma, Erkältungen, Niereninsuffizienz, Zystitis, Reizblase, Prostataleiden, Inkontinenz, Menstruationsbeschwerden, erektile Dysfunktion, Fruchtbarkeitsstörungen
Prävention
Durchblutungsbedingte „Altersbeschwerden“ wie nachlassendes Seh- und Hörvermögen, Schwindel und Gedächtnisschwäche
„Wer über Erfahrung verfügt (…), weiß, dass Durchblutung das Wichtigste ist. Die Schiele-Bäder helfen meist noch da, wo alles andere versagt.“
Dr. med. Fritz Becker, Berchtesgaden, 1989 nach 39 Jahren Erfahrung mit dem Schiele-Bad
Im Einklang mit der Lebenskraft - Anpassung des Therapiereizes
Das Schiele-Bad wird regelmäßig - möglichst täglich - angewendet, im Kurbetrieb fünfmal wöchentlich. Die Intensität der Schiele-Bäder wird über Badetemperatur, Badezeit sowie Badezusatz und Vorweichöl individuell an die aktuelle Lebens- und Regenerationskraft angepasst.
Die Solectron-Badezusätze wirken am stärksten durchblutungsanregend und werden erst nach einer vorbereitenden Phase mit dem Venen-, Placenta- oder Frauenbad eingesetzt.
Die Vorweichöle wählt man nach Indikation und persönlicher Duftvorliebe des Patienten aus, z. B. Lavendel bei hohem Blutdruck oder nervöser Unruhe, Wintergrün bei Schmerzen, Wacholder zur Stoffwechselanregung, Rosmarin zur Belebung bei niedrigem Blutdruck oder Erschöpfung. Es sollten ausschließlich naturreine ätherische Öle hochwertiger Qualität verwendet werden.
Besonders wichtig ist die Wahl der Anfangs- und Endtemperatur und damit auch der Badedauer. Bei der normalen Anwendung steigt die Wassertemperatur in ca. 20 Minuten von etwa 33°C auf maximal 43°C. Zu Beginn der Behandlung wird die Endtemperatur nicht voll ausgereizt, sondern von Bad zu Bad in dem Tempo gesteigert, das als angenehm empfunden wird.
Bei höherem Alter, weniger gutem Allgemeinzustand, schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krampfadern, Venen- und Lymphschwäche, Ödemen, Nierenerkrankungen, Diabetischem Fußsyndrom, chronischen Schmerzen sowie Erkrankungen mit Nervenschäden beginnt man besonders behutsam mit der sogenannten „Schonenden Anwendung“. Die Temperatur wird dabei nach einem bestimmten Schema langsam gesteigert und die Badezeit auf wenige Minuten verkürzt, damit der Organismus sich auf den Therapiereiz einstellen kann.
„Sich hinsetzen und gesund werden.“
Dr. E. P. Wundram, Kalifornien, 1968 über seine Erfahrungen mit dem Schiele-Bad
Kontraindikationen
Akute Appendizitis, gastrointestinale Blutungen, (Aorten)-aneurysma, akute Thrombose sowie postoperativ, solange Blutungsgefahr besteht. Außerdem keine Anwendung bei Fieber und direkt nach dem Essen.
In der Praxis
Handlich in Abmessungen und Gewicht, ist das Schiele-Bad nicht an einen festen Standort gebunden. Es kann flexibel in Innen- oder Außenbereichen platziert werden. Voraussetzungen sind ein Stromanschluss, Wasseranschluss und -abfluss in relativer Nähe sowie ein bequemer Sitzplatz. In geeigneten Räumlichkeiten sind auch Gruppenanwendungen mit mehreren Schiele-Bädern möglich.
Die Vorbereitung eines Bades benötigt ca. fünf, die Reinigung fünf bis zehn Minuten. Eine Bestrahlung mit Farblicht, dem Saul-Biolicht oder sanfte Klänge können ein Bad begleiten. Der Duft des ätherischen Öls und die von den Fußsohlen her allmählich den Körper durchströmende Wärme erzeugen ein unvergleichliches Wohlgefühl. Anschließend kann der Patient eine halbe Stunde nachruhen.
Das Schiele-Bad ist aber auch eine gute Vorbereitung für nachfolgende Behandlungen. Der gesteigerte Blut- und Lymphfluss bei weitgestellten Hautgefäßen erhöht die Aufnahme- und Ausscheidungsfähigkeit der Haut. Davon profitieren besonders Hautanwendungen wie Einreibungen, Wickel, Packungen und kosmetische Behandlungen, außerdem Saunagänge und Massagen. Die während des Bades einsetzende Vertiefung der Atmung und die gleichzeitig intensivierte Durchblutung der Atemwege begünstigen die Wirkung von Inhalationen. Eine ideale Vorbereitung ist es auch für die Fußreflexzonentherapie.
Nach der Kur
Nachhaltig positive Effekte hat eine Kur besonders dann, wenn Patienten etwas mitnehmen können und es gelingt, kleine Veränderungen in den Alltag zu integrieren, ob Ernährungsumstellung, Bewegung oder regelmäßige Erholungszeiten. Auch mit Schiele-Bädern können Patienten aktiv etwas für sich tun und ihren Lebensstil dauerhaft gesünder gestalten, denn die Anwendung kann zu Hause fortgeführt werden. Dafür werden Geräte und Badezusätze auch heute noch in einem kleinen Familienbetrieb nahe Hamburg hergestellt.
Abschließend soll nochmals Dr. Abele zu Wort kommen: „Lieber Freund, Du kannst Dir eigentlich nicht denken, wie unentbehrlich mir diese einfache Heilmaßnahme in der ambulanten Betreuung meiner Patienten geworden ist. Bei so vielen unterschiedlichen Krankheiten nur eine Heilmethode anzuwenden, entspricht ja auch nicht dem, was Du auf der Universität gelernt hast. Da gab es immer „eine Ursache und ein Heilmittel“, und das für jede Krankheit extra. Vergiß aber nicht, daß mit dem Schiele-Fußbad nicht etwa Krankheiten behandelt werden, sondern der Organismus. Er wird aufgefordert, durch drastische Vermehrung seiner Blutzirkulation und die damit verknüpfte Verbesserung aller Stoffwechselleistungen alles in ihm selbst – selbständig – zu heilen, was heilbar ist. Und das nennt man Naturheilung.“
Die Badezusätze (Originalrezepturen nach Fritz Schiele)
Solectron: basische Salze und Heilkräuter; wirkt aktivierend, stark kreislaufanregend, entsäuernd, entgiftungsfördernd
Solectron mit Blütenöl: wie Solectron, zusätzlich Blütenöle; wirkt wie Solectron, dabei beruhigend
Placenta: Moorbad mit bovinem Placenta-Extrakt; wirkt tiefgreifend regenerierend auf Organe und Drüsen
Frauenbad: Moorbad mit spezieller Fichtennadelölmischung; wirkt regulativ und ausgleichend auf den weiblichen Organismus, entzündungshemmend
Venenbad: Moorbad mit Rosskastanienextrakt; wirkt gefäßstärkend und entzündungshemmend bei Venen- und Lymphleiden |
© WELLNESSWORLD Business 3-4 / 2020