In den vergangenen zwei Jahren hat der Wind sehr gegen die Wirtschaft geblasen und gerade den Tourismus in seinen unterschiedlichen Ausprägungen sehr auf die Probe gestellt. Durch die aufflammende Energiekrise ist derzeit auch keine Entspannung in Sicht. Aber es zeigt sich schon, dass Wellnessbetriebe, die eine gute wirtschaftliche und personelle Substanz haben, gut gerüstet und widerstandsfähig sind. Technologie und Energieeffizienz sind Begriffe, mit denen sich die Branche intensiv beschäftigen muss, aber auch Digitalisierung und der damit verbundene ressourcenschonende Umgang mit Energie sind präsent. Das bedeutet aber nicht, dass Digitalisierung prinzipiell Energie einspart, denn durch die Smartphone-Welt und die einfache Bedienung der Social-Media-Kommunikation ist sie nicht nur effizient, sondern verbraucht auch enorm viel Energie – und täglich mehr. Das bestätigt sogar A1-CEO Thomas Arnoldner. Die Energie wird zwar immer öfter nachhaltig, also aus erneuerbaren Quellen, produziert und damit wird weniger CO2 in die Atmosphäre geblasen, aber reicht das auch aus, um unser Leben oder den Tourismus CO2-neutral zu gestalten? Dass jetzt wieder mehr Atomstrom, Kohle und Gas für die Produktion von Energie verwendet werden, ist eine große Hürde auf dem Weg zur Klimaneutralität, die laut EU bis 2050 erreicht werden soll. In der Energiekrise zeigt sich aber auch, dass technologische Lösungen sehr wichtig sind, aber nicht ausreichen im Kampf gegen den Klimawandel, solange wir immer mehr Energie verbrauchen. Der ökologische Fußabdruck der westlichen Welt ist noch immer zu groß und liegt weit über dem Maß, mit dem wir die Klimawende erreichen könnten. Angesichts der Probleme, die es auch in Deutschland gibt, wo der Übergang von Pleiten, Pech und Pannen begleitet ist, zeigt sich, wie schwierig die Umsetzung schon rein politisch und regulatorisch ist.
Neue Ziele, neue Wege
Eigentlich war schon bis 2020 eine Reduktion der CO2-Emmisionen um 40 % geplant, doch das wurde deutlich verfehlt. Daher gibt es einen neuen Anlauf und neue Ziele: Bis 2030 sollen klimaschädliche Gase um 55 % verringert werden. Ob das gelingt, ist angesichts der aktuellen Krisenszenarien aber fraglich. Daran ist auch zu erkennen, dass die Technologie oder die Politik es allein nicht schaffen. Es braucht mehr Menschen, die die Notwendigkeit des Verzichts verstehen und ihren Lebensstil ändern. Verzicht sollte aber nicht Verlust und Leid bedeuten, sondern Gewinn von Zeit und Lebensqualität, nicht nur der eigenen, sondern auch der unserer Kinder, Freunde, Geschäftspartner*innen oder Kund*innen. Leider fühlt sich Verzicht für viele ganz anders an und wird verbunden mit Entbehrung, Wohlstandsverlust und Existenzsorgen. Genau da wäre anzusetzen, um den Wandel wirklich zu beginnen. Das funktioniert nicht unbedingt mit großen, schweren Geländewagen oder Elektroautos der Luxusklasse, Swimmingpools, die permanent beheizt werden, Saunaanlagen, die den ganzen Tag laufen, aber nicht benützt werden, und vielem mehr. Sie können Ihre persönliche Liste anlegen. Der Wandel findet hauptsächlich auf persönlicher Ebene im Kopf statt. Stellen Sie sich daher die Frage, wo Ihre Potenziale für einen gesunden Verzicht liegen.
Wie alles begann
Doch zurück in die Vergangenheit, zum Anfang der Wellnessbewegung, der schon weit zurückliegt. Der Begriff war damals allerdings sehr unklar. Wellness war alles, wobei man sich wohlfühlte und Genuss erlebte, sei es beim Essen, Schlafen, Trinken oder Entspannen. Joachim G. Hallwachs, Designer und Gründer von Creativity for Future, beschreibt diese Zeit so: „Meine Firma hieß damals ‚The SPA Company‘, und wenn ich Hotels anrief, um sie von unserer Expertise in diesem Bereich zu überzeugen, bekam ich sehr häufig zu hören: Kein Interesse, wir kaufen bei Billa.“ Vielleicht waren Sie auch dabei, können das aber heute lachend kommentieren. Die Zeiten waren sehr dynamisch und bald war der Begriff des „Wellnesshotels“ geboren; auch wenn er inflationär benutzt wurde, hat sich bald Qualität von der Masse am Markt abgehoben. Die Anfänge waren düster, denn, so Hallwachs, „Wellness-/Spa-Bereiche wurden in die Katakomben des Hauses verbannt und fristeten zwischen Küchenlagern ihr von Tageslicht befreites Leben“. Das war teilweise wirklich erschreckend, wenn man von der Tiefgarage direkt in das Spa gebracht wurde, künstlich beleuchtet und schlecht belüftet. Kleine Fitnessstudios waren zwar vorhanden, wurden aber wenig genutzt, das hat sich bis heute deutlich gebessert. In den 90er-Jahren wurde es dann bunt, als Vorlage dienten die alten römischen Thermen. „Es gab plötzlich das Thermarium, das Caldarium, das Laconium, etwas später kam das Rasulbad, das Kräuterbad, hinzu und auch der Hamam wurde zum Hype“, erklärt Hallwachs.
Daraus hat sich später eine richtige Treatmentwelle entwickelt, auf die vor allem die Kosmetikindustrie aufgesprungen ist, um kreative Signature-Treatments zu entwickeln, gemeinsam mit dem Hotel oder der Therme.
Neue Entwicklungen
In den letzten Jahren bewegt sich die Wellnessbranche einerseits in Richtung medizinischer Dienstleistungen, wie bei der F.-X.-Mayr-Kur, die den Körper entgiftet und wieder in Balance bringt, oder auch bei Ayurveda und traditioneller chinesischer Medizin (TCM) sowie traditioneller europäischer Medizin (TEM), die im Gesundheitstourismus immer mehr angewendet werden. Anderseits werden auch Mental Wellness, um die Psyche wieder resilienter zu machen, und diverse Signature-Treatments immer häufiger auf professioneller Ebene eingesetzt. In der aktuellen Ausgabe bringen wir einen Beitrag zu diesem Thema, denn die Nachfrage nach diesen Dienstleistungen ist stark. Auch Klaus Ladurner, Inhaber des Hotels Preidlhof in Südtirol, erklärt erfreut: „Endlich ist Wellness für viele zu einem der Hauptgründe für das Reisen geworden, wobei jeder noch seine eigene Vorstellung von Wellness hat und das Angebot auch sehr vielfältig ist. Gesunde Ernährung mit mehr lokalen und regionalen Produkten sowie Nachhaltigkeit sind beispielsweise auch für Leisuregäste selbstverständlich, ebenso Stille und Verbundenheit mit der Natur, wobei dennoch viel Wert auf Form und Design gelegt wird. Wellnessgäste hingegen sind anspruchsvoller und erfahrener geworden und suchen nach mehr Authentizität, einem stimmigen Konzept, Erfahrung der Therapeut*innen und seit letztem Jahr nach einem wirklich ganzheitlichen Ansatz – vielleicht weniger formell und weniger Luxus, aber echt. Etwas weniger Design, aber mehr Ergebnisse, die helfen, persönliche Schwierigkeiten zu überwinden.“ Das hört sich nicht nur gut an, sondern ist ein deutlicher Fortschritt in Hinblick auf die Wirksamkeit und das Konzept von Wellness. Wir haben auch einen Vertreter der Thermen gebeten, zur Entwicklung der letzten Jahre Stellung zu nehmen: „Die Thermenbranche erlebte in den letzten Jahren ein stetiges Auf und Ab. Immer wieder war von einer Krise die Rede. Doch das aus dem Griechischen stammende Wort ‚Krisis‘ bedeutet neben ‚Unsicherheit‘ auch ‚Wendepunkt‘ oder ‚Entscheidung‘ … und wir haben uns dazu entschieden, nicht Trübsal zu blasen, sondern die Zeit zu nutzen, um innovative Konzepte in die Realität umzusetzen“, stellt Philip Borckenstein-Quirini fest, CEO des Thermenresorts Loipersdorf. Ergänzend fügt er hinzu: „Wir sehen immer wieder, wie viel Potenzial das Thermen- und Vulkanland hat. Eine Vielzahl von Gästen nutzt das reichhaltige Angebot dieser unvergleichlichen Region. Ziel ist es, den sanften Tourismus erfolgreich weiterzuführen.“ Diese positive Haltung ist erfreulich und auch notwendig, um Innovationen voranzutreiben, auch wenn ein anderes wichtiges Thema schon seit längerer Zeit den Tourismus beherrscht. Dazu Ladurner sehr klar: „Wir möchten Innovationen in den Bereichen Fitness und Beauty schaffen, aber vor allem glaube ich, dass wir neue Kompetenzen in der Personalentwicklung, -pflege und -suche brauchen – die wichtigste Herausforderung der nächsten Jahre.“ Dem ist wenig hinzuzufügen, denn es zeigt sich: Wir stehen an einer Zeitenwende und sollten eine neue Kultur entwickeln, Menschen für den Tourismus zu begeistern.
© WELLNESS WORLD Business 1-3 / 2022





