Als hätte der Unternehmer nicht genug damit zu tun, sich mit der herkömmlichen Pressearbeit auseinanderzusetzen, sieht er sich im Zeitalter der neuen Medien mit einer Fülle von, nun ja, neuen PR-Strategien und Methoden konfrontiert. Dazu gehören Facebook und Instragram, Twitter und Mailings. Und auch Blogs. Sie entwickelten sich in den vergangenen Jahren zu immer beliebter werdenden Mitteln, um seine Zielgruppe besser zu erreichen. Doch was ist ein Blog eigentlich?
Mit der Verbreitung und dem Aufstieg des Internets wurde unser Leben in vielen, vielen Aspekten öffentlicher und weniger privat. Schrieb man früher im stillen Kämmerlein auf papiernen Seiten sein Tagebuch, so konnte man das plötzlich auch im Internet tun. Und das ist auch die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Blog – es bezeichnet ein, öffentlich zugänglich geführtes, Tagebuch im Internet. Ende 1990 ging die Webseite von Softwareentwickler Tim Berners-Lee online, die bis heute als offiziell erster Blog gilt. Berners-Lees Blog wurde zum Informationsaustausch zwischen Wissenschaftlern vom europäischen Kernforschungszentrum bei Genf genutzt. Mitte der 1990er-Jahre folgte dann eine Reihe weiterer Blogs, bald darauf wurden schon die ersten Software-Programme angeboten, die es Leuten erlaubten, selbst einen Weblog zu bauen. 2004 wurde „Blog“ zum Wort des Jahres ernannt – der Beweis, dass es diese Mitteilungsform in den Mainstream geschafft hatte. Menschen bloggen über alles Mögliche: sich selbst, ihre Gedanken, Kochen, Sport, Haushaltsführung, Dekoration, die Restauration alter Möbel, die Probleme mit neuen Medien – die Liste ist so vielfältig wie der Mensch selbst und es finden sich auch Reisen, Wellness und Touristik darauf. Allen BloggerInnen ist aber eines gemeinsam: Sie beschäftigen sich auf ihren Blogs mit Themen, die ihre ureigensten Interessen sind, so intensiv, dass viele von ihnen zu Experten werden. Und das macht sie für viele ihrer Follower oder LeserInnen, zu einer glaubwürdigen und authentischen Quelle. Aus dem Blickwinkel von PR und Werbung ein unbezahlbarer USP.
Aus dem Tagebuch eines Bloggers
Eine Bloggerin in diesem klassischen, ursprünglichen Sinn ist Anita Brechbühl. Die junge Schweizerin betreibt den Reise- und Wellnessblog „Travelita“. „Ich bin schon immer gern in der Weltgeschichte herumgereist und habe früher aufwendige Reisetagebücher mit Text und Fotos gestaltet. Am Ende meines Studiums kam mein Freund Nicolas Glauser, der im Online-Marketing tätig ist, plötzlich mit der Idee, dass ich meine Reiseerlebnisse ja auf einem Blog festhalten könnte. Ich hatte damals gerade einige Reisen geplant und war neugierig, dieses – für mich neue – Medium auszuprobieren. Und irgendwie hat’s mich dann gepackt.“ Besagter Nicolas Glauser erledigt für die Stadt- und Verkehrsplanerin die technischen Feinheiten und das Fotografieren, Inhalt und Ausrichtung gehen aber alleine auf Brechbühl zurück. Da der Blog nicht hauptberuflich betrieben wird, nutzen die beiden fast alle Wochenenden zu Recherchezwecken. Pro Monat kommen vier bis sechs neue Beiträge auf den Blog. Dieser hat pro Monat 20.000 Unique Visitors und um die 25.000 Follower auf verschiedenen Social-Media-Kanälen. Diese Zahlen sind nicht gerade schwindelerregend, wenn es einem Hotelier darum geht, Gäste zu erreichen. Im Blogger-Universum ist das aber nicht so schlimm, wenn man auf Gabriele Epple von der deutschen Blogger-Relations-Agentur SpaPress hört. „Wir halten Blogger für gut, wenn sie glaubwürdig und authentisch die „Markenbotschaft“, den USP des Wellnesshotels verbreiten können. Dabei ist uns nicht so wichtig, dass die Blogger eine wahnsinnig hohe Reichweite haben, da diese auch zugekauft werden könnte. Wir achten mehr darauf, dass die Blogger für das Hotel eine passende Zielgruppe haben. Auch Micro Influencer können für das Wellnesshotel von großer Wichtigkeit sein, da sie ihre Meinung glaubwürdig an ihre kleine Follower-Gruppe weitergeben. Das ist dann wie Mouth-to-Mouth-Marketing und hat die besten Buchungserfolge.“ Damit kann Brechbühl dienen, die ihre Leserschaft gut kennt. „Der Großteil meiner LeserInnen sind potenzielle Endkunden, die meinem Blog entweder regelmäßig folgen oder aber auf der Suche nach Ausflugsideen und möglichen Reisezielen via Google-Suche auf meine Blogbeiträge stoßen. Ich merke das auch daran, dass mich diese Leute im Anschluss via E-Mail oder Facebook-Privatnachricht mit spezifischen Fragen zu einem Reiseziel oder aber auch mit der Bitte nach Hoteltipps persönlich kontaktieren.“
Was ist Blogging?
Ein Blog ist laut Wikipedia ein auf einer Website geführtes und damit meist öffentlich einsehbares Tagebuch oder Journal, in dem mindestens eine Person, der Blogger, international auch Weblogger genannt, Aufzeichnungen führt, Sachverhalte protokolliert („postet“) oder Gedanken niederschreibt.Ein Blogger ist der Verfasser des Textes, schreibt meist in der Ich-Perspektive und integriert seine persönliche Meinung. Er ist Teilnehmer der Blogosphäre und verlinkt seine Beiträge häufig mittels Trackbacks oder Pingbacks zu anderen Blogs, um eine größere Bekanntheit zu erlangen. Blogger gehören allen sozialen Schichten, Alters- sowie Berufsgruppen an. Sie sind ein entscheidender Hinweisgeber für den klassischen sowie den Online-Journalismus.[1] Der Autor kann innerhalb eines Blogbeitrags testen, wie relevant das Thema für seine Leser ist, und mithilfe des Feedbacks eine eigene Geschichte schreiben.
Beruf: Blogger
Hauptberuflich betreibt hingegen Tanja Klindworth ihren Blog Spaness, der 2009 als Portal gegründet wurde, sich dann aber schnell in einen Blog verwandelte. Klindworths Unternehmen steht auf zwei Beinen. Einerseits der Blog, andererseits die Betreuung von PR- und Marketing-Maßnahmen, speziell für Firmen und Hotels aus der Wellnessbranche. Eine Kombination, die von vielen Bloggern angeboten wird. Das geht nicht als One-Woman-Show. „Hinter Spaness stehe ich und ein freiberufliches Team .Für unterschiedliche Projekte arbeite ich mit unterschiedlichen Experten zusammen. Die Frage ist ja: Was möchte der Kunde? Unterstützung bei der Pressearbeit, Aufbau eines eigenen Blogs, passende Blogger und Influencer für das eigene Produkt, Newsletter oder E-Mail-Marketing, eine neue Webseite oder auch vielleicht einfach nur optimierte Texte für die Webseite oder für das Printwerbematerial? Wir sind flexibel aufgestellt und das nutzt dem Kunden auf Dauer wesentlich mehr. Ich setze mich mit dem Kunden zusammen und wir ermitteln gemeinsam, was benötigt wird und wohin die Reise gehen soll, und dann hole ich nach und nach verschiedene Experten ins Boot“, schildert Klindworth. Zwei bis drei Artikel werden pro Woche auf den Blog gestellt, der in diesem Zeitraum von durchschnittlich 10.000 Besuchern konsultiert wird. Über die verschiedenen sozialen Netzwerke kommen dann noch 20.000 Follower hinzu, die von Spaness auch analysiert werden. „Das Thema Wellness und Gesundheit spricht schon einmal ein älteres Publikum an. 70 Prozent der Leser sind Frauen im Alter von 30 bis 35 Jahre. Der größte Teil der LeserInnen sind tatsächlich Endkunden – doch es lesen eben auch viele aus der Branche mit – Hoteliers, Redaktionen, Thermenbetreiber, Destinationen“, sagt Klindworth, die auch genau auf die Einhaltung der rechtlichen Richtlinien, wie der Kennzeichnung von gesponserten Beiträgen achtet. „Selbst wenn ich zu einer Pressereise eingeladen bin und ansonsten keine Bezahlung fließt, schreibe ich das grundsätzlich dazu, dass ich zur Reise eingeladen wurde.“ Dies ist generell zu empfehlen, denn wird ein Blogger dabei erwischt, „Schleichwerbung“ zu betreiben, zieht das eine finanzielle Abmahnung nach sich. „Allerdings fließt bei Hoteleinladungen oft kein Geld, daher ist die Auslegung hier immer noch sehr schwammig. Werden Wellness-Blogger für Wellnesshotel-Tests bezahlt, muss die Spa-Review auf jeden Fall mit ‚Sponsored Post‘ gekennzeichnet werden“, sagt Gabriele Epple.
Im Strandhotel Heringsdorf auf der Ostseeinsel Usedom arbeitet man rege mit Bloggern zusammen. „Wir hatten bereits eine Bloggerreise zum Thema Global Wellness, in der jeder Blogger den Besuch auf seine individuelle Art mit seinem ganz eigenen Zugang umgesetzt hat. Das ist schon sehr interessant“, sagt Direktorin Cornelia Siewert, die aber auch schon eine schlechte Erfahrung machen musste. „Eine Bloggerin, die sich an mich wandte und deren Stil ich wirklich gut fand, kam zu uns. Das war diesen März und bisher ist noch immer kein Beitrag auf ihrem Blog erschienen. Sie reagierte bisher auch auf Nachfragen nicht. Ich kann mir vorstellen, dass solche schwarzen Schafe schlecht für den Ruf der ganzen Branche sind“, so Siewert. Die Hoteldirektorin achtet aber genau darauf, wen sie einlädt. „Der Blogger muss natürlich zu unserer Zielgruppe passen oder sich in dieser bewegen. Wenn sonst gar nicht über Vier-Sterne-Häuser aufwärts berichtet wird, dann ist er für uns uninteressant. Ich sehe mir auch den Schreibstil an, wieviele Follower er hat, wie er verlinkt ist und wie er seine Berichte aufbaut“, so Siewert, die an der Zusammenarbeit mit Bloggern die individuelle Umsetzung und die Möglichkeit, seine Zielgruppe sehr genau zu erreichen schätzt. „Wie bei den meisten Marketingmaßnahmen lässt es sich aber leider nicht messen, zu wie vielen Buchungen das letztendlich führt.“
Einen Blogger finden
Unter der Vielzahl von Bloggern, ist es oft schwer, den richtigen für einen Beitrag über sein Wellness-Hotel zu finden. Bei der Auswahl sollte man darauf achten, ob die Zielgruppe des Bloggers sich mit der eigenen überschneidet. Wie gefällt mir der Stil des Autors? Wie ist der Aufbau der Artikel? Wie regelmäßig wird gebloggt? Haben die Fotos gute Qualität? Werden die besuchten Häuser fair behandelt? Ist mir der gesamte Blog an sich sympathisch? Wer keine Lust oder Zeit für diesen Rechercheaufwand hat, der kann sich auch an eine Blogger-Relations-Agentur wenden, die die passenden Autoren und Formate aussucht.
Ist der Blogger dann im Haus, sollte besonders im Wellness- und Spabereich darauf geachtet werden, dass ihm sämtliche Spa-Einrichtungen zur Verfügung stehen und auch ausreichend Zeit zum Fotografieren ist. Bei den Wellnesstreatments sollte der Spa-Manager darauf achten, dass hier die Signature Treatments des Hotels im Vordergrund stehen.
Ganz unabhängig
Dies ist ein Thema, über das sich Anja Eva Keller von „TalkWellness“ keine Gedanken machen muss. Sie ist in erster Linie Spa Consultant und schreibt auf ihrem Blog über Branchenthemen: „Ich verkaufe keine Beiträge oder Werbung und das ist eins der Hauptmerkmale von TalkWellness. Ich bleibe vollkommen Marken-unabhängig.“ Sie schreibt auf Englisch, um ihrem internationalen Publikum gerecht zu werden. Dazu zählen Endverbraucher, Spa-Manager, Magazine, Betreiber, Therapeuten, branchenverwandte Unternehmen wie Zulieferer und Hersteller. Diese Gruppen rezipieren auch unterschiedliche Themen. „Meinen Newsletter abonnieren hauptsächlich Fachleute. Spa-Reviews sind für die breitere Masse interessant, wohingegen spezifische Fachartikel oft für einen kleinen exklusiven Kreis sind. Meine drei erfolgreichsten Artikel sind ‚Dress for success – how important is appearance of spa staff?‘, ‚Spa Online Booking – is the print spa menu outdated?‘, und das Interview mit Padma Nair.“
Wellness World Business hat hier drei Blogger vorgestellt, doch der Markt bietet viel mehr und wird hart umkämpft. Wer sich an eine Zusammenarbeit machen will, der muss die Spreu vom Weizen trennen und sich mit Bedacht seinen Partner wählen. Denn es ist, wie Cornelia Siewert, Direktorin des Strandhotel Heringsdorf sagt: „Man muss sich im Marketing breit aufstellen. Nur eine Schiene alleine reicht nicht – heutzutage muss man auf fast allen fahren.“
An dieser Stelle dürfen wir auch bereits ankündigen, dass auch „Wellness World Business“ im Herbst einen Blog starten wird, auf dem die Redaktion und diverse ExpertInnen, die eingeladen werden, schreiben.
© WELLNESS WORLD Business 4/2017