Dass die Führung von Mitarbeitern eine Schlüsselaufgabe in jedem Unternehmen und die Basiskompetenz für den wirtschaftlichen Erfolg ist, ist beinahe jeder Führungskraft theoretisch bewusst. Reinhard K. Sprenger, einer der wichtigsten Führungsexperten im deutschsprachigen Raum, weist in seinen zahlreich publizierten Büchern zur Führung immer wieder darauf hin, was eine Führungskraft zu tun hat. Eine bedeutende Frage, denn etliche Studien, die mit Führungskräften gemacht wurden, zeigen, dass erschreckend wenige Führungspersonen wissen, was genau ihr Job als Führungskraft ist. So sieht die traurige Realität aus – leider auch im Spa-Unternehmen.
Komplexe Aufgabenstellung.
Sind gut geführte Mitarbeiter in jedem Dienstleistungsbetrieb ein Asset, so sind sie es in Wellness-Betrieben ganz besonders. Für Alexander Hirsch von der Wellnessakademie unterscheidet sich ein Spa nochmals von einem Dienstleistungsbetrieb, auch was die Mitarbeiterführung betrifft. Die Kunden in einem Spa trachten nach Gesundheit, Erholung, Stressreduktion und Schönheit – also nach wesentlichen und essenziellen Dingen. Die Dienstleistung am Kunden muss zu 100 Prozent passen. „Das macht die Arbeit für einen Spa-Mitarbeiter nicht nur aufregend und abwechslungsreich, sondern auch sehr fordernd und anspruchsvoll“, sagt Hirsch. „Der Spa-Mitarbeiter muss daher in der Lage sein, sehr komplex zu agieren, er muss über vielfältige Fähigkeiten und über ein umfassendes Wissen verfügen, muss bereit sein, viele Aufgaben zu übernehmen und zu unterschiedlichen Zeiten zu arbeiten“ so der Experte weiter. Je kleiner der Spa sei, desto mehr müssen die Mitarbeiter oft leisten, meint Hirsch. Und das ist genau der Punkt, warum die Führungskraft so gefordert sei, ergänzt der Experte, denn sie müsse nicht nur motivieren, sondern die Mitarbeiter auch fördern, ernst nehmen und an das Unternehmen binden.
Mehr als eine Modeerscheinung.
Immer wieder ist Führung von modischen Detailaspekten geprägt, die im Moment sogar passen können, langfristig gesehen jedoch selten den gewünschten Erfolg bringen. Sprenger rät jeder Führungskraft, sich nicht von der mitunter dubiosen Welt von oftmals selbst ernannten Führungsgurus vom Weg abbringen und verunsichern zu lassen. Weil dies jeder Mitarbeiter spüren würde und die Führungskraft als solche nicht mehr ernst nehmen würde. Eine Spa-Führungskraft befindet sich immer im Spannungsfeld zwischen Unternehmen, den Mitarbeitern und den Gästen. Sie alle müssen von der Arbeit der Führungskraft profitieren. Daher sei es laut Sprenger wichtig, auf fünf Eckpfeiler zu setzen. Eine Führungskraft organisiert die Zusammenarbeit, macht also Teamarbeit möglich. Sie senkt die Transaktionskosten, entscheidet in Konfliktsituationen, sichert die Zukunftsfähigkeit des Betriebes und: sie führt Mitarbeiter. Diese Eckpfeiler sind zeitlos und sie sind essenziell. Jede Führungskraft muss sich dessen theoretisch bewusst sein und auch die Mittel kennen und einsetzen, die zur Umsetzung der Theorie in die tägliche Führungspraxis nötig sind.
Harte und weiche Motivationskriterien.
Da der Spa-Markt boomt, wachsen auch die Anforderungen an die fachliche und soziale Kompetenz der Mitarbeiter. Erforderlich sind daher ein hohes Maß an Fachwissen und ein hohes Maß an persönlicher Motivation. Die Kombination aus diesen zwei Faktoren führt dazu, dass Spa-Anwendungen erfolgreich umgesetzt und Spa-Angebote erfolgreich verkauft werden. Die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens ist damit gesichert. Was ist nun für die Führungskraft zu tun, damit die Mitarbeiter Abstand von einem „Dienst nach Vorschrift“ halten und sich in die innere Kündigung zurückziehen? Wellness- und Spa-Managerin Susann Adrian sieht einen Erfolgsschlüssel in der fairen Entlohnung. Diese ist ein entscheidendes Motivationselement. Da die Zahl an fachlich perfekt ausgebildeten und sozial kompetenten Mitarbeitern am Markt eher rückläufig ist, werden die Gehälter in der Branche insgesamt steigen und sich der Wettbewerb der Unternehmen um den besten Mitarbeiter verschärfen. Neben dem finanziellen Aspekt sind die wesentlichen Motivationskriterien das gute Betriebsklima, Achtung, Anerkennung, Mitspracherecht und die Weiterbildungsmöglichkeiten. Auch für Alexander Hirsch ist die Weiterbildung ganz entscheidend: „Mitarbeiter müssen die Möglichkeit erhalten, Aus- und Weiterbildungen absolvieren zu dürfen. Wer meint, Mitarbeiter können sich gegenseitig Fertigkeiten beibringen oder nur auf learning-by-doing setzt, der wird speziell im Spa bald Schiffsbruch erleiden“.
Sich selbst hinterfragen.
Woher weiß eine Führungskraft, ob sie eine gute Führungskraft ist? Es gibt verschiedene Möglichkeiten, dies zu testen. Eine der wichtigsten ist die kritische Selbstreflexion. Anhand von Fragen, die sich jeder jederzeit selbst stellen kann, und den ehrlichen Antworten auf diesen Fragen, kann jede Führungskraft erkennen, ob die Führungspraxis am richtigen Weg ist. Führe ich meine Mitarbeiter so, wie ich selbst geführt werden will? Erfülle ich die Anforderungen, die ich an die Mitarbeiter stelle, auch selber? Oder: Bringe ich den Mitarbeitern jene Achtung und Wertschätzung entgegen, die ich selbst erwarte? Es lohnt sich, sich diese und ähnlich kritische Fragen von Zeit zu Zeit selbst zu stellen – und sich diese Fragen auch von seinen Mitarbeitern beantworten zu lassen, denn Selbst- und Fremdbild weichen bekanntlich gerne auseinander.
Besser verliebt als gekündigt.
Die Beratergruppe Gallup veröffentlicht jährlich die Einstellung der Arbeitnehmer im deutschsprachigen Raum zu ihrem Job. Die Zahlen sind alarmierend. Der Anteil derer, die innerlich gekündigt oder die keinerlei emotionale Bindung zu ihrem Job empfinden, steigt an. Nur rund 15 Prozent aller Mitarbeiter geben an, dass sie in ihren Job verliebt sind. Führungskräfte im Spa stellt dies vor ganz besondere Herausforderungen, da das Wissen, die Ausbildung und die Fähigkeiten der Spa-Mitarbeiter entscheidend über die positive Wahrnehmung und Zufriedenheit beim Spa-Gast und letztlich für die Profitabilität sind. Die Führungskraft ist daher angehalten, eine regelmäßige Bestandsaufnahme der eigenen Zielsetzungen zu machen und Problemlagen innerhalb der eigenen Führung zu identifizieren. Eigene Wertvorstellungen und Ziele sind zu definieren und im Führungsstil zu vereinbaren. Damit wahrscheinlich die geeigneten Spa-Mitarbeiter gesucht und ausgewählt werden, empfehlen sich Checklisten und Vorlagen. Es lohnt sich auch immer Spa-Marketing in eigener Sache zu machen. Auch das kann interessante Mitarbeiter anziehen. Neue Spa-Mitarbeiter sind gekonnt in das bestehende Team einzuführen. Die Einschulung erfolgt strukturiert. Für die Leistungsbeurteilung, Mitarbeitergespräche, Lohnleistungssysteme, Dienstplangestaltung, Zeitmanagement und die zielorientierte Delegation ist mit Leitfäden und Checklisten zu arbeiten. Die Kommunikation im Spa muss unbedingt reibungslos funktionieren. Das gilt vor allem für die Schnittstellen Geschäftsführung, Spa-Manager und Spa-Mitarbeiter. Das interne Konfliktmanagement, Kritikgespräche (Feedbackgespräche) sind allzeit transparent, konstruktiv, souverän und zielorientiert zu führen. So wird es vermutlich gelingen, Mitarbeiter dauerhaft zu motivieren und langfristig zu binden.
Den richtigen Stil wählen.
Man möchte meinen, es soll relativ einfach sein, Menschen darauf stolz zu machen, dass sie für einen tollen Spa arbeiten. Gelingen kann dies nur, wenn das Fehlverhalten der Führungskräfte reduziert wird und Manager zum richtigen Führungsstil greifen. Wertvorstellungen und Bedürfnisse von Mitarbeitern sind Änderungen unterworfen, junge und neue Kollegen empfinden anders als alte und erfahrene. Daher ist auf die Persönlichkeit des Mitarbeiters einzugehen, nach ihren Talenten, Visionen und Ideen zu suchen. Die Mitarbeiter sind aufgefordert, sich aktiv einzubringen. Das bedingt, dass man sie ernst nimmt. Coaching und Mentoring für Mitarbeiter sollen Selbstverständlichkeiten sein. Die Kommunikation – auch unter Einbindung von sozialen Medien – ist unumgänglich. Und wohl einer der wesentlichen Punkte ist, dass die Führungskraft selbst leidenschaftlich ist und diese Leidenschaft lebt.
Jeder redet mit
„Mitarbeiter sind und bleiben die wichtigste Ressource in einem Spa-Betrieb. Der für mich wichtigste Punkt, an dem sich zeigt wie wichtig Mitarbeiter für einen Unternehmer sind, ist das Mitspracherecht. Betriebe, in denen Mitarbeiter kein Mitspracherecht haben, sind keine Betriebe, die sehr auf die Ressource Mensch setzen. Handlungsbedarf ist hier gegeben.“ (Andreas Hirsch, Wellnessmassageakademie)
„Was du nicht willst …
… dass man dir tut, das füge keinem anderen zu. US-Präsident Richard Nixon fasst seine Auffassung zur Mitarbeiterführung wie folgt zusammen: „Die ganze Kunst der so schwierigen Menschenführung besteht darin, seine Mitarbeiter so zu behandeln, wie man selbst von seinem Vorgesetzten behandelt werden möchte.“ (Richard Nixon, ehemaliger US-Präsident)
Führung mit Wurzelkraft
In seinem Buch „Radikal führen“ geht Führungsexperte Reinhard Sprenger darauf ein, dass die Zukunft der Führung auch die Herkunft der Führung benötigt. Eine erfolgreiche Führung ist nur das, was aus der Wurzel wächst, denn das hat Bestand, es hat Wurzelkraft. Was vom Ziel gezogen wird, bleibt oberflächlich und unverbindlich. Nichts was bleiben soll, kommt schnell. (Dr. Reinhard K. Sprenger, Autor)
© WELLNESS WORLD Business 2/2014