Alle Jahre wieder keimen im Herbst Diskussionen über die hygienischen Zustände von Thermen auf. Dabei weitgehend außer Acht gelassen werden die sogenannten Nebeneinrichtungen. Dazu gehören Umkleidegelegenheiten, Dusch-, WC- und Sauna-Anlagen, Warmluft- und Dampfbäder, Solarien, Liegeflächen, Ruhe- und Massageräume sowie Erste-Hilfe-Einrichtungen.
Für den/die BetreiberIn sind einwandfrei hygienische Bedingungen ein Aushängeschild. Für die Gäste, die durch die Medien immer mehr sensibilisiert sind für dieses Thema, sind sie von großer Bedeutung. So veranstaltete die Therme Loipersdorf im Oktober des Vorjahrs zum zweiten Mal eine Informationsveranstaltung zum Thema ?Hygiene? für interessierte Gäste. Für die Nebeneinrichtungen besteht laut österreichischem Bäderhygienegesetz die schwammig formulierte Forderung, dass ?sie so beschaffen sein müssen, dass ein hygienisch einwandfreier Betrieb gewährleistet ist?. Ungleich genauer sind die Anforderungen an das Badewasser. Für das Umfeld sieht das BHyG überhaupt keine Begutachtung vor ? mit dem Effekt, dass auf diesem Gebiet, wohl auch aus Unsicherheit, weniger getan wird. ExpertenInnen treten dafür ein, dass das Reinigungsverfahren unter die Lupe genommen werden soll, die Verwaltungsorgane sollten aktivere Forderungen wie etwa nach einem umfassenden Hygieneplan stellen.
Das Verhalten der Gäste ist folgenreich
Setzt man eine gute Aufbereitung des Badewassers voraus, besteht für Hygieneberaterin DI Barbara Vanek eine signifikant größere Gefahr, dass sich über Oberflächen Krankheitserreger wie Dermatophyten (Hautpilze) und Warzenviren durch Kontakt- oder Schmierinfektionen übertragen. ?Begünstigende Faktoren für solche Infektionserkrankungen sind nasse und schlecht gereinigte Oberflächen oder auch die gemeinsame Benützung von Handtüchern?, erläutert die Hygieneberaterin. ?Das Leben ist lebensgefährlich?, zitiert Hygieneexperte Dr. Arno Sorger den Literaten Erich Kästner. Das Vorkommen von Keimen kann in einer Anlage, in der Menschen ein und aus gehen, nicht gänzlich abgewendet werden: ?Verhindern kann man nur, dass es zu einer Vermehrung von Krankheitserregern kommt?. Verunreinigte Nebeneinrichtungen können Ursache von Pilzerkrankungen, insbesondere Fuß- und Vaginalpilzen, Hautausschlägen sowie Wundinfektionen sein. Desinfektion ist aber nur als Sekundärmaßnahme zu sehen, wesentlich ist die persönliche Hygiene. Vor der Wartung und Pflege des Betriebs sollte die Aufklärung der Badegäste stehen. Das hygienische Verhalten der Badegäste muss gemäß BHygG durch eine Badeordnung bzw. Saunaordnung vorgegeben werden, die gut ersichtlich anzubringen ist und deren Einhaltung auch überwacht wird.
Für die BesucherInnen von Wellness-Anlagen hat DI Vanek einige simple Regeln:
- Bei akuten Infektionskrankheiten (z.B. unbehandelten Fußpilz-, Haut- und Genitalinfektionen oder offenen Wunden) darf die Badeanlage nicht benutzt werden.
- Vor dem Baden gründlich duschen.
- Sitzflächen nur mit untergelegtem Handtuch benutzen. Dieses sollte groß genug für Körper und Füße sein.
- Handtücher nicht gemeinsam benutzen.
- Badeschuhe im Barfußbereich tragen.
Nach BHygG zählen auch die Duschanlagen zu den Nebeneinrichtungen. Hier besteht eine Gefährdung der Badegäste durch Legionellen. ?Die Duschanlagen sollten deshalb regelmäßig auf diese überprüft werden? hält Vanek fest. Legionellen sind Bakterien, die sich in großen Warmwasserversorgungsanlagen schnell vermehren und bei Inhalation schwere Lungenentzündungen (?Legionärskrankheit?) verursachen können. Dies betrifft natürlich nicht nur die Duschen in Bädern, sondern auch jene in Hotels und sonstigen Beherbergungsbetrieben. Zu den Infektionserregern, die durch Verschlucken oder direkten Kontakt mit Badewasser übertragen werden können, gehören z.B. Staphylokokken, Streptokokken, Pseudomonaden, Mykobakterien, Chlamydien und diverse Viren. ?Eine Übertragung durch Badewasser ist aber eher nicht anzunehmen, vorausgesetzt, das Wasser wird gut aufbereitet?, betont DI Barbara Vanek. Bezüglich der Qualität des Wassers besteht in Österreich aufgrund der gesetzlichen Lage eine deutlich hohe Sicherheit.
Gesundheitspflege beginnt bei Planung
Die Gewährleistung eines für Gesundheit und Wohlbefinden der Gäste unbedenklichen Betriebs hängt auch von baulichen Bedingungen ab. Entscheidend ist es, zu verhindern, dass Wasser am Boden stehen bleibt. ?Das ist wichtig?, konsolidiert Arno Sorger, ?Hygiene fängt mit baulichen Maßnahmen an?. Ablauföffnungen in Toiletten und im Sanitärbereich tragen maßgeblich zur Erhaltung der Gesundheit bei. Um die Bildung von Schimmelpilzen zu verhindern, ist unter anderem eine hinreichende Belüftung der Sauna unerlässlich. Eine ausschlaggebende Komponente für die Verbreitung von Krankheitserregern stellt das Duschen in Badebekleidung dar, da sich der Schmutz darin leicht festhält. Eine Möglichkeit, dieses Problem in den Griff zu bekommen, sind uneinsehbare bzw. blickdichte Duschanlagen. Eine zusätzliche geeignete Maßnahme ist es, die Wege zwischen Duschen und Gardaroben kurz zu gestalten. Günstige Investitionen, wie Schemel in den Umkleidekabinen, die es älteren Menschen erleichtern, die Füße abzutrocknen, zeigen große Wirkung bei der Bekämpfung von Fußpilz. Fußdesinfektionsanlagen haben sich in der Vergangenheit aufgrund verschiedener Faktoren oft als nicht zielführend erwiesen.
Die Verantwortlichkeit liegt bei der Verwaltungsbehörde
Das BHygG sieht vor, dass, soweit es zum Schutz der Gesundheit der Badegäste insbesondere aus hygienischer Hinsicht erforderlich ist, der/die BundesministerIn für Gesundheit im Einvernehmen mit dem/der BundesministerIn für wirtschaftliche Angelegenheiten durch Verordnung nähere Vorschriften darüber zu erlassen hat, welche Anforderungen die Einrichtungen der Bäder, Sauna-Anlagen, Warmluft- und Dampfbäder und Kleinbadeteiche einschließlich der Nebeneinrichtungen zu erfüllen haben. Um hygienische Mängel festzustellen, bedarf es Kriterien zur Überprüfung der Nebeneinrichtungen. Stichproben durch Abklatschtests, da sind sich die ExpertInnen einig, sind (außer zur Selbstkontrolle) nicht das geeignete Instrument. Die generelle Forderung nach umfassenderen Hygieneplänen, deren Einhaltung kontrolliert werden kann, würde die Vorgehensweise der Kontrollbehörden erleichtern. Sollten Mängel aufgedeckt werden, können faktische Lösungen gesucht werden. Ein mit nachvollziehbaren Hygieneplänen verbundener Vorteil ist, dass mit der Verantwortung der UnternehmerInnen auch das Bewusstsein über erforderliches Vorgehen und die Motivation, bestehende Konzepte zu optimieren bzw. zu revidieren, steigen. Der Wille, Verbesserungen umzusetzen ist da, doch bedarf es konkret formulierter Forderungen und klar definierter Rahmenbedingungen.
Auszug aus der Bäderhygieneverordnung (BHygV):
4. Abschnitt B: Anforderungen an Nebeneinrichtungen; hygienische Betriebsführung; Badeordnung
§ 37. (1) Die zum Badebetrieb gehörenden Nebeneinrichtungen wie Sauna-Anlagen, Warmluft- und Dampfbäder, Umkleidegelegenheiten, Duschanlagen, WC-Anlagen, Solarien, Liegeflächen, Stege, Einstiegshilfen und Erste-Hilfe-Einrichtungen müssen hinsichtlich Anzahl, Ausstattung und Anordnung so beschaffen sein und in einer Weise instandgehalten werden, dass ein hygienisch einwandfreier Betrieb gewährleistet ist.
(2) Im Bereich der gesamten Badeanlage, Sauna-Anlage und des Warmluft- und Dampfbades ist aufstrengste Sauberkeit zu achten.(...)
§ 38. Begehbare Flächen müssen rutschhemmende und mit Ausnahme von Naturböden in Freibädern und Flächen, die der unmittelbaren Sonnenbestrahlung ausgesetzt sind, leicht zu reinigende, desinfizierbare und trocknende Oberflächen besitzen. (...)
§ 39. (1) Einrichtungsgegenstände und Einbauten in Bädern, Sauna-Anlagen, Warmluft- und Dampfbädern und Kleinbadeteich-Anlagen, mit denen die Badegäste oder Gäste einer Sauna-Anlage oder eines Warmluft- oder Dampfbades direkt in Berührung kommen, wie Bänke, Umkleidegelegenheiten, Liegen in Ruheräumen, Solarien oder Massageräumen, müssen leicht zu reinigen, zu desinfizieren und leicht trocken zu halten sein. (...)
§ 40. Umkleidegelegenheiten müssen in einer solchen Anzahl und dergestalt zur Verfügung gestellt werden, dass ein hygienisch einwandfreier Betrieb gewährleistet ist. (...)
§ 41. (1) Nassräume wie Duschanlagen und WC-Anlagen müssen in einer solchen Anzahl und Ausstattung zur Verfügung gestellt werden, dass ein hygienisch einwandfreier Betrieb gewährleistet ist. (...)
§ 42. (1) Insbesondere in den Umkleideräumen, Duschen und WC-Anlagen ist auch während der Betriebszeiten für die laufende Reinhaltung der Anlagen in entsprechender Weise zu sorgen. Hiebei ist auf die größtmögliche Trockenhaltung der Fußböden besonders zu achten.
(2) Die Fußböden im Bereich von Duschanlagen, WC-Anlagen und Umkleideräumen sind regelmäßig, bei starker Badefrequenz möglichst täglich, einer Scheuerdesinfektion zu unterziehen. Als Desinfektionsmittel sind hiefür solche zu verwenden, die gegen Bakterien, Pilze und Viren nachweislich wirksam sind.
SPA WORLD Business, Ausgae 2/2009