„Ich kann schon beim Erstbesuch erkennen, ob das Spa Geld abwirft oder nicht“, sagt Thomas Degen, Ausbildungsleiter der swiss wellness academy. „Man sieht sofort, ob der Wellnessbereich nur da ist, weil er ein Muss ist. Oder ob er von der Geschäftsführung ernst genommen wird.“ Simon Kellerhoff, Fachbereichsleiter Wellness&Gesundheit beim deutschen Studieninstitut IST, ergänzt: „Die Kosmetikerin ohne BWL-Kenntnisse ist mit der Führung eines Spas überfordert. Viele Hoteldirektoren versuchen, das Spa-Management selbst zu machen. Und wundern sich, wenn die Zahlen nach unten gehen.“ Dr. Eva-Maria Adamer-König, Studiengangsleiterin „Gesundheitsmanagement im Tourismus“ an der FH Joanneum Bad Gleichenberg: „Für ein erfolgreiches Spaist die Behandlungsqualität ausschlaggebend, aber auch die soziale Fähigkeit der Mitarbeiter, mit den Klienten in Kontakt zu treten und Kundenbindung herzustellen.“ Diana Monnerjahn, Senior Consultant Hotel & Spa bei Michaeler & Partner, nennt als Fehlerquelle für mangelnden Profit: „In vielen größeren Hotels wird das Spa nicht integriert, sondernals exotisches Etwas betrachtet. Es fehlt an internen Schulungen und Information. “Um das Spa eines Hotels, Beauty- oder Therapieinstituts, einer Therme oder Badeanstalt profitabel zu führen, lohnt die Einführung eines professionellen Spa-Managements. Zu dessen Fähigkeiten gehören betriebswirtschaftliche Kenntnisse, genaue Preiskalkulation, Gestaltung des Spa-Menüs, Personalmanagement, Fachkompetenz und Marketing-Know-how. Nicht zu vergessen Menschenkenntnis, Einfühlungsvermögen und ästhetisches Gespür. Inzwischen werden in Deutschland, Österreich und der Schweiz Ausbildungen zum Spa-Manager angeboten. Der Studiengang „Gesundheitsmanagement im Tourismus“ kann seit 2001 als dreijähriges Bachelor- bzw. zweijähriges Masterstudiumin Bad Gleichenberg absolviert werden. Das WIFI Österreich bietet ab 2013 den neuen Lehrgang „Spa & Wellnessmanagement“ an. Produktmanagerin Mag. Regina Edlinger: „Der Bedarf für die Ausbildung ist gegeben, weil Wellness boomt. Früher war das Spa ein Schlechtwetterangebot für Gäste, heute ist es ein wichtiges Entscheidungskriterium bei der Buchung. Viele Hotels vermarkten mittlerweile ihr Spa als ihren USP. Deshalb sind Profis gefragt.“
Beim Preis verrechnet?
Kernstück des Spa-Managements ist die richtige Preiskalkulation der Anwendungen. Thomas Degen: „Ein guter Spa-Manager ist kaufmännisch ausgebildet und besitzt Wellness-Fachkompetenz. Die Kombination der beiden ist sehr selten! Den Wellness-Leuten geht meist das wirtschaftliche Denken ab und den Leuten aus der Wirtschaft fehlt das Gespür für den Wellnessbereich.“ Zur Preisberechnung des Spa-Menüs gehören neben den Personalkosten Faktoren wie Vor- und Nachbereitungszeit, Material- und Reinigungskosten, Urlaubs-, Krankenstand- und Leerzeiten. Auch Handelsunkosten, Investitions- und Reparaturkosten fließen ein. Hier hilft eine Spa-Software, aus der der aktuelle Stand mit Einnahmen und Ausgaben hervorgeht. Simon Kellerhoff: „Es gibt Fälle, wo der Spa-Manager die Personal- und Materialkosten gar nicht kennt, weil keine Transparenz herrscht. Dann werden falsch kalkulierte Pakete angeboten.“ Diana Monnerjahn hält auch ein undurchsichtiges Preisangebot beim Spa-Menü für eine Defizitursache. Eva Maria Adamer-König: „Das Preis-Leistungs-Verhältnis muss stimmen. Wenn die Qualität stimmt, dann zahlt der Gast auch gerne.“ Nur wenn das Angebot richtig kalkuliert ist, rechnet sich auch das Spa.
Ausgewogenheit des Spa-Menüs
Viele Spa-Betreiber glauben, sie müssten von der klassischen Massage über indisches Ayurveda und chinesische Akupunktur bis zur hawaiianischen Lomi Lomi Nui alles anbieten. Davor warnen Fachleute. Eva Maria Adamer-König: „Ein Masseur, der zig verschiedene Therapien anbietet, ist nicht glaubwürdig. Wichtig ist, dass die Inhalte des Spa-Menüs zusammenpassen. Es ist besser, einen Schwerpunkt zu haben und Anwendungen um diesen herum anzubieten.“ Empfehlenswert ist, sein Spa-Menü nach „Rennern“ und „Pennern“ zu untersuchen. Indem man schlecht gehende Treatments einstellt, verbessert man zugleich das Angebot.
Mit den Mitarbeitern steht und fällt alles
Da wäre jener Gast, der die Liege nach fünf Minuten wieder verlässt, weil der Therapeut schlecht massiert. Oder jene Kundin, die von einer Rezeptionistin zur nächsten geschickt wird. Den Klienten stört, dass die Kosmetikerin ausgiebig mit der Kollegin tratscht, ihn selbst aber keines Wortes würdigt. Masseure, die Deutsch nur radebrechen, finden wenig Anklang. Die Auswahl fachlich und sozial kompetenter Mitarbeiter ist die wichtigste Entscheidung im Spa-Management, sind sich Branchenkenner einig. Mag. Barbara Gigler, Marketingleiterin beim Spa-Consultingunternehmen Schletterer: „Professionalität hat Top-Priorität. Die Behandlungsqualität muss gut sein, ebenso braucht es die Fähigkeit, auf Kunden einzugehen. Adamer-König: „Unsere Studierenden lernen, das richtige Personal einzustellen. Dazu werden Fallbeispiele durchgespielt. Leider herrscht in der Branche derzeit Wildwuchs, was sich auf die Kundenzufriedenheit niederschlägt.“ Diana Monnerjahn: „Beim Einstellungsgespräch sollte der Spa-Manager auf die emotionalen Fähigkeiten des Mitarbeiters achten.“ Auch ein gepflegtes Äußeres sei Pflicht. Thomas Degen rät, weniger in die – seiner Meinung nach überbewertete –Infrastruktur zu investieren, dafür mehr in die Mitarbeiter. Unmotiviertes Personal zählt zu den Hauptgründen für mangelnden Profit. Ein detailliertes Benutzerhandbuch ist von Vorteil, damit jeder Mitarbeiter weiß, wo das Serviceniveau liegt. Auf keinen Fall dürfen Therapeuten Behandlungen nach eigenem Gutdünken durchführen. Auch eine einheitliche Dienstkleidung der Spa-Mitarbeiter punktet. Zu den Soft Skills eines Spa-Managers gehören Personalführung, Sozialkompetenz, Konfliktlösung und Teamzusammenstellung. Oft kommen Mitarbeiter aus verschiedenen Ländern. Regina Edlinger: „Wichtig bei interkulturellen Teams sind das Erkennen der Leistungspotenziale der Mitarbeiter und die kontinuierliche Weiterbildung jedes Einzelnen. Professionelles Teambuilding unter Einbeziehung der Stärken und Schwächen kann helfen, Konflikte frühzeitig zu erkennen.“ Auch ist auf die faire Aufteilung der Aufgaben unter den Mitarbeitern zu achten. Last, but not least gehören Stress- und Beschwerdemanagement zu den Aufgaben eines Spa-Managers.
Spa goes online
Eine klar strukturierte, zeitgemäße Homepage ist ein Muss. Dem Leser soll Lust auf die Buchung einer Anwendung gemacht werden. Spa-Consultants empfehlen eine Buchungssoftware, sodass Kunden rund um die Uhr die Treatments einsehen und buchen können. Das entlastet die Spa-Rezeption. Zusätzlich sollte es einen Online-Shop geben, der die Produktpalette vorstellt und unkompliziert Online-Einkäufe ermöglicht. Zu lange Texte gespickt mit Fachausdrücken vergraulen den Leser, wissen Spa-Experten. Die Bildsprache ist dem Profil des Hotels und der Region anzupassen. Bei der Software sind meist auch automatisierte Newsletter und Kunden-E-Mails enthalten. Allerdings sollen Gäste nicht mit E-Mails zugeschüttet werden. Und den Newsletter unkompliziert abbestellen können.
Wer nicht wirbt, der stirbt
Eine Gästebefragung der Falkensteiner Michaeler Tourism Group hat jüngst ergeben, dass bei über 75 Prozent der Erholungsuchenden der erste Schritt im Entscheidungsprozess die Suchmaschine ist. Der Besuch von Hotelwebseiten folgt mit 42 Prozent, der von Hotelbewertungsportalen beträgt 39 Prozent. Der Besuch von Social-Media-Plattformen ist an letzter Stelle und für die Buchung nicht relevant. Bereits 85 Prozent buchen ihren Urlaub übers Internet. Suchmaschinen-Marketing ist daher eine empfehlenswerte Investition, um in der Ergebnisliste der Suchmaschine nicht erst auf einer hinteren Seite zu erscheinen. Aber auch Werbung in Printmagazinen, die oft vorab die Lust weckt, gerade in diesem Ort, in diesem Hotel Urlaub zu machen, ist nach wie vor von Bedeutung, wie die Umfrage eines deutschen Meinungsforschungsunternehmens belegt.
Nach dem Kauf ist vor dem Kauf
Regina Edlinger weist darauf hin, dass der After-Sales-Bereich häufig vernachlässigt werde, obwohl hier noch viel Potenzial liege. Das meint auch Thomas Degen: „Die Zukunft liegt in der Nachhaltigkeitundin der Kombination von Behandlungen mit Ernährungskonzepten, die zu Hause weitergeführt werden. Der Kunde soll die Produkte auch zu Hause anwenden.“
Verbesserung durch Audit
Selbst in einem Betrieb mit Spa-Management kann es zu Fehlern, ungenutzten Potenzialen und zu einem Bedarf an Nachjustierung kommen. Hier kann ein Spa-Audit hilfreich sein. Marketingleiterin Barbara Gigler: „Wir schauen uns an, ob es bei den technischen Abläufen und dem Energiebedarf Einsparpotenziale gibt. Gerade technische Anlagen wie Heizung, Klimatisierung, Wasseraufbereitung sind Kostenfresser, dort kann man bis zu 50 Prozent einsparen. Das hängt natürlich vom Equipment ab. Da wir Kunden oft schon bei der Planung begleiten, achten wir darauf, die technischen Abläufe von Anfang an optimal zu planen.“
Tipps für Kleinbetriebe
Dass Klein- und Familienbetriebe nicht die gleichen finanziellen Anstrengungen leisten können wie Großbetriebe, Hotelketten oder Konzerne, liegt auf der Hand. Aber auch hier kann viel erreicht werden. Thomas Degen rät: „Zwei Hotels an einem Ort können sich einen Spa-Manager teilen und damit die Kosten halbieren.“ Barbara Gigler: „Ganz wichtig ist, dass man eine Strategie hat und sich überlegt, was zum jeweiligen Betrieb passt. Weniger ist oft mehr! Man soll sich auf die eigenen Kompetenzen besinnen und nicht mit der Masse schwimmen. Gerade die Unterscheidung ist wichtig. “Spa-Experten meinen, dass der Trend der Zukunft in der Spezialisierung, der Nische liegt. Hotels sollten sich themen- oder zielgruppenspezifisch positionieren. Auch medizinische Angebote werden in Zukunft immer relevanter.
Ausbildung tut not
Immer mehr Betriebe suchen ausgebildete Spa-Manager und gut ausgebildete Spa-Mitarbeiter. Thomas Degen: „Der Bedarf ist da, in der Schweiz gibt es bisher zu wenig gut ausgebildete Leute.“ Ausbildungen werden in Deutschland, Österreich und der Schweiz angeboten (siehe Infokasten). Die FH Joanneum bietet außerdem ab 2013 die neue Ausbildung „International Hospitality and Spa-Management“ an. Dies aufgrund der starken Nachfrage der Tourismus-Industrie, wie Eva Maria Adamer-König erläutert. Übrigens: Eine von der EU unterstützte Studie des Joanneums ergab, dass Sprachenbeherrschung die am häufigsten genannte Fähigkeit ist, die das Spa-Management verbessern könnte. Leider passiert es jedoch sehr oft, dass Mitarbeiter erst im Spa ausgebildet werden und gar keine solide Grundausbildung haben. Das ist eine negative Entwicklung, die rasch abgestellt werden sollte, warnen Fachleute. Denn gerade im Spa kann es zu gravierenden Fehlern in Bezug auf den Gast kommen, mitunter mit bleibenden Schäden.
Die FH Joanneum bietet den akademischen Studiengang „Gesundheitsmanagement im Tourismus“, Bachelor 3 Jahre, mit Master 5 Jahre. Keine Studiengebühren. Der Lehrgang „International Hospitality and Spa-Management“ startet im Herbst 2013. www.fh-joanneum.at
Das WIFI Österreich bietet den Diplomlehrgang „Spa- und Wellnessmanagement“ mit vier Unterrichtsblöcken an. Dauer 14.1.– 21.9.2013, Kosten: € 2.950,– exkl. Hotelkosten. Kostenloser Infoabend WIFI Wien am 6.11. um 18.30 Uhr, 1180 Wien, Währinger Gürtel 97. Der Lehrgang richtet sich an Masseure, Kosmetiker, Fußpfleger, Mitarbeiter im Spa und an der Rezeption. www.wifi.at
IST-Studieninstitut, Moskauer Str. 25, D-40227 Düsseldorf, bietet die Ausbildung zum/zurWellness- und Spamanager/-in (IST-Diplom) an. Dauer 12 Monate, Kosten: €2.376 ,– plus Prüfungsgebühr €150,–. www.ist.de/wellness-und-spamanagement
Die swiss wellness academy bietet den Lehrgang „Manager/Managerin Gesundheitstourismus und Bewegung“ an, der vier Module umfasst. Dauer 18 Monate. Gebühr:CHF 13.500,– in drei Raten plus Modulprüfungen CHF500,–.Simon Keller AG, Lyssachstrasse 83, CH-3400 Burgdorf. www.swisswellnessacademy.ch
© WELLNESS WORLD Business 05/2012