Häufig scheitert die Umsetzung solcher Vorhaben jedoch an den finanziellen Mitteln. Zahlreiche Hotelbetriebe, wie das „Boutiquehotel Stadthalle“ in Wien, „der daberer. das biohotel“ in Kärnten oder das „Alpenresort Schwarz“ in Tirol, haben diese Angst überwunden und versuchen theoretische Überlegungen zur Nachhaltigkeit in die Praxis umzusetzen.
Tradition trifft auf „eierlegende Wollmilchsäue“.
Mag. Matthias Koch, Geschäftsführer des Hotelleriefachverbandes der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) hält nichts von „eierlegenden Wollmilchsäuen“, sprich Hotellerieunternehmen die von traditionellen Angeboten, bis hin zu den modernsten Trends alles anbieten: „Unter Nachhaltigkeit verstehe ich Authentizität, das bedeutet eine Linie – und diese kompetent – zu verfolgen.“Damit dies nicht zu einem betrieblichen Wachstumsstillstand führt, gilt es auf Selbsterneuerung und Weiterentwicklung zu bauen: „An nachhaltiges Wirtschaften darf nicht zu systemisch herangegangen werden“, so Koch und ergänzt, „geschlossene Regelkreise führen zwangsläufig zu einer Einschränkung des unternehmerischen Spielraums und die Intuition geht verloren.
“ Thomas Pirktl, Geschäftsführer des Alpenresorts Schwarz, erkennt ebenfalls keinen Interessenskonflikt zwischen Nachhaltigkeit und Unternehmenswachstum. Er baut bei der Planung und Umsetzung nachhaltiger Maßnahmen auf Kreativität: „Dies fördert die Innovationskraft eines Unternehmens und verbindet verschiedene Interessensgruppen.“
Mag. Matthias Koch:
„Unter Nachhaltigkeit verstehe ich Authentizität!“
Nachhaltigkeit als ganzheitliches Paket.
Michaela Reitterer, Vorsitzende des Österreichischen Hotellerieverbandes und Inhaberin des „Boutiquehotels Stadthalle“, dem ersten „Null-Energie-Hotel“ Europas, sieht Nachhaltigkeit als Gesamtpaket: „Halbherzigkeit oder versuchtes „Greenwashing“ ist in der Regel kein Weg um nachhaltig Erfolge zu erzielen. Das Nachhaltigkeitspaket muss ganzheitlich gesehen werden. Nur wenn man selbst als Eigentümer dahintersteht, kann der Gast das Endprodukt schätzen.“
Laut Marianne Daberer, Leiterin des Biohotels „der daberer“, sind es bereits die kleinen Schritte die zählen: „Unser grüner Faden als Biohotel ist natürlich „bio“. Das erstreckt sich von der Baubiologie über die Energieversorgung bis hin zu den verwendeten Produkten in der Küche, im Restaurant, als auch im NaturSpa.“ Daberer setzt bei der Hotelführung den berühmten Hausverstand ein: „Nachhaltiges Wirtschaften ist für mich – ganz einfach gesagt – das Wirtschaften des gesunden Verstandes. Nur wenn ich neben meinem Betrieb auch auf meine Mitmenschen – dazu zählen Mitarbeiter, Gäste sowie Bewohner der Region – und meine Umwelt achte, kann ich langfristig nachhaltig und guten Gewissens Wirtschaften.“
Das nötige Know-how darf im Zuge von Intuition, Hausverstand und Kreativität jedoch nicht zu kurz kommen. Zu vielfältig sind die Dimensionen über die sich betriebliche Nachhaltigkeit erstrecken, meint auch Reitterer: „Da spielen soziale, ökologische und ökonomische Komponenten eine wichtige Rolle. Neben augenscheinlichen Dingen, wie dem effizienten Umgang mit Energie, beispielsweise durch thermische Sanierung oder anderen baulichen Maßnahmen, ist Regionalität ein wichtiger Faktor in punkto Nachhaltigkeit. Tourismus steht zwar für die Überwindung von Grenzen und Mobilität, das muss aber nicht heißen, dass das Essen der Gäste um die halbe Welt reist. Nachhaltiger Konsum spart CO2 und unterstützt die regionale Wirtschaft.“
Hausverstand, Intuition, Kreativität und Impulsivität – klingt als müssten Hoteliers in allen Bereichen kompetent sein. Ganz nach traditionellem Gewinnstreben stellt sich hier unwillkürlich die Frage: Inwieweit lohnen sich diese Anstrengungen?
Thomas Pirktl:
„Generell wird es wichtiger werden, Nachhaltigkeit beziehungsweise die Kriterien für deren Umsetzung transparent für alle Interessensgruppen zu gestalten und zu kommunizieren.“
Kosten und Nutzen.
Etwaige finanzielle Startschwierigkeiten bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsprojekten, können durch Förderungen von Seiten des Bundes, der EU sowie vom Klima- und Energiefond überwunden werden: „Es gibt einige Programme und Förderungen. Das reicht von Zuschüssen für Biomasseanlagen, über Photovoltaik, bis hin zu E-Mobilität“, erklärt Michaela Reitterer.Marianne Daberer zweifelt teilweise an den Bedingungen für den Erhalt von Förderungen: „Macht es Sinn Biofische aus der entferntesten Ecke Österreichs anzukarren, nur weil eine bestimmte Norm 20 Prozent Setzlinge aus Biozucht vorschreibt?“ Auch für Reitterer sind manche Förderungen häufig zu weit von einer realistischen Kalkulation entfernt: „Hier gibt es in Zukunft noch einiges zu verbessern. Eine Art „One-Stop-Shop“ für Unterstützungen wäre beispielsweise wünschenswert. So könnte mit nur einem Antrag bei mehreren Stellen um Förderungen angesucht werden.“
Thomas Pirktl sieht in den Förderungen nur einen zusätzlichen Anreiz: „Die grundlegende Motivation zur Umsetzung der Maßnahmen, sollte von den Unternehmen selbst kommen.“
Die wirtschaftlichen Vorteile lassen dann auch nicht lange auf sich warten: „Natürlich bringt Nachhaltigkeit auch Kostenersparnisse. Eine gut sanierte Gebäudehülle sowie der Einsatz von erneuerbaren Energieträgern und modernen Elektrogeräten, schlagen sich mit einer Ersparnis von mehreren tausend Euro am Ende des Jahres nieder. Vor allem in Zeiten, in denen sich die Belastungen für Tourismusbetriebe stetig erhöhen, ein nicht zu unterschätzender Faktor!“, so Reitterer.
Zusätzlich haben nachhaltig wirtschaftende Betriebe auch Wettbewerbsvorteile, ist Jörn Wiedemann, Unternehmensbetreuer beim Verein zur Förderung der Gemeinwohl-Ökonomie, überzeugt: „Es ist eine Möglichkeit für Betriebe sich von der Masse abzuheben. Der Trend der Billighotels wird weiterhin abnehmen – die Gäste wollen Qualität, nicht Quantität.“ Dies bestätigt auch Matthias Koch: „Die Leute konsumieren zum Teil bewusster. Herkunft, Herstellungsweise und der Umgang mit der Natur gewinnen immer mehr an Bedeutung. Nachhaltigkeit ist so zu einem wichtigen Entscheidungsfaktor im Konsum allgemein geworden.“
Michaela Reitterer:
„Natürlich bringt Nachhaltigkeit auch Kostenersparnisse."
Der Blick in eine nachhaltige Zukunft.
Als langfristiger Prozess werden Programme zur Nachhaltigkeit in den nächsten Jahren immer wieder vor Grenzen stoßen und Korrekturen eingeschlagener Richtungen von Nöten sein. Weiterentwicklungsbedarf sieht Jörn Wiedemann vor allem im Bereich einer verantwortungsbewussten Mitarbeiterführung: „Allein in Österreich und Deutschland bemerkt man einen signifikanten Fachkräftemangel im Bereich der Hotellerie. Die Förderung der Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern sollte daher in Zukunft auf der Prioritätenliste ganz oben stehen. Die hohe Fluktuationsrate von Arbeitnehmern in der Hotelleriebranche könnte so gesenkt werden. Wenn Mitarbeiter das Gefühl haben etwas Sinnvolles zu tun, werden auch krankheitsbedingte Ausfälle und Burn-Outs weniger, während die Arbeitsmotivation ansteigt.“
Neben der weiterhin wachsenden Bedeutung ökologischer Maßnahmen, sieht Thomas Pirktl vor allem im Bereich der Aufklärung über Nachhaltigkeitsprogramme Aufholbedarf: „Generell wird es wichtiger werden, Nachhaltigkeit beziehungsweise die Kriterien für deren Umsetzung transparent für alle Interessensgruppen zu gestalten und zu kommunizieren. Möglich wäre dies zum Beispiel durch einen Nachhaltigkeitsbericht oder der Berechnung des ökologischen Fußabdruckes eines Unternehmens."
Jörn Wiedemann weist auf ein weiteres wichtiges Kriterium zur Weiterentwicklung von Nachhaltigkeitsprogrammen hin: „Langfristig wird es immer wichtiger werden, dass Unternehmen – nicht nur in der Hotellerie – miteinander kommunizieren. Nur durch Kooperation kann das nötige Know-How ausgetauscht werden."
© WELLNESS WORLD Business 05/2013