Customer Zooming hilft dabei, dass dies auch gelingt. Aber vor lauter Daten den Kunden nicht mehr zu sehen, kann auch zur Gefahr werden. In Zeiten der Transparenz und Produktvielfalt im Netz, der Dynamik schnell kommender und gehender Produkte, komplett neuer Geschäftsmodelle und der permanenten Informationsflut verändert sich auch das Entscheidungs-, Kauf- und Nutzerverhalten. Die Bedeutung der Kundenbedürfnisse für den Geschäftserfolg ist auch schon ein alter Hut. Und doch haben wir heute, vor allem mit der Digitalisierung, viel mehr Möglichkeiten, die Bedürfnisse und Erfahrungen unserer Kunden kennenzulernen.
Aber wird es damit einfacher? CRM als eierlegende Wollmilchsau? Big Data als Wunderwaffe? Einmal abgesehen davon, dass Kunden immer sensibler werden bezüglich ihrer Daten, ist der Fokus auf das umfassende Datensammeln nicht auch eine gewisse Gefahr? Unternehmen konzentrieren sich, möglichst viele Daten über ihre Kunden zu generieren. Mit dem „Internet der Dinge“ nimmt dies in den kommenden Jahren noch dramatisch zu. Damit verlieren Unternehmen aber den Blick auf den umfassenden Kontext der Kundeninteraktion und auf das Wesentliche. Umgewandelt „Vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr zu sehen“ bedeutet dann „Vor lauter Daten den Kunden nicht mehr zu sehen“.
Customer Centricity als eierlegende Wollmilchsau, aber wie?
Die wachsende Bedeutung der Customer Centricity, also den Kunden in den Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns zu setzen, ist heute wohl unbestritten. Eindrücklich zeigt der Walker Index den Effekt. 100 USD vor 25 Jahren in die Kundschaft investiert, würde heute ein Mehrfaches der Investition in vergleichbare Indizes wie S&P, NASDAQ oder Dow Jones mit sich bringen.
Auch bei einer kürzlichen Umfrage von 570 Unternehmen in der D/A/CH-Region gaben 86 % der Unternehmen an, der Customer Centricity eine hohe Bedeutung beizumessen. Und immerhin 46 % sagten, ihr Unternehmen fahre eine explizite Kundenstrategie. Andererseits aber meinten in einer Befragung von Swiss Marketing 96 % der befragten Unternehmen, den gewünschten Grad an Customer Centricity noch nicht erreicht zu haben. Tücken in der Umsetzung gibt es viele, so z. B.:
- Fehlende Kundenstrategie oder Vision
- Fehlerhafte Kundendatensammlungen statt kompaktes Kundenwissen zu generieren
- Isolierter Blick auf einzelne Touchpoints statt auf die gesamte Customer Journey
- Top Management lebt die Kundenausrichtung nicht vor
- Kundenerfahrungen werden unternehmensintern nicht weiterkommuniziert
- Keine Vernetzung zwischen Strategie- sowie Produkt- und Serviceentwicklung
- Die Unternehmenskultur ist mit der Kundenausrichtung nicht kompatibel
- Mitarbeitende werden nicht entsprechend geschult und/oder honoriert
Bildgrösse und -schärfe als Erfolgsfaktor! Customer Zooming schafft den Überblick zu einer umfassenden Customer Centricity!
Es geht darum, den richtigen Blick auf die Kunden zu gewinnen und sich dann als Unternehmen konsequent darauf auszurichten. Es braucht den ganzheitlichen Blick sowie eine umfassende Ausrichtung des gesamten Unternehmens darauf. Das ist ein strategischer Ansatz, der vom Top Management, wie z. B. einem Hoteldirektorium, initiiert werden muss. Customer Zooming setzt hier an. Erst danach folgen die weiteren operativen Schritte (CRM, etc.).
Zooming bedeutet hier, die richtige Bildgrösse und -schärfe zu finden. Es ist der allererste Schritt zu einer dann folgenden umfassenderen Erfassung und Umsetzung einer Kundenstrategie. Customer Zooming ist eine Art Evaluation der Ist-Situation und Definition eines SOLL-Zustandes.
Mit der Unternehmensführung, die für diese strategische Aufgabe zuständig ist, werden in einem ersten Modul, dem Briefing und der Zieldefinition, die Handlungsfelder identifiziert und mögliche Projektergebnisse definiert.
Anschließend wird in einem zweiten Modul ein 360 ° Blitzlicht auf den Kunden geworfen. Erfassen der Kundenbedürfnisse und Erfahrungen aus ausgewählten Kunden- und Mitarbeiterbefragungen, Kundenfeedbackanalysen aus Foren und Bewertungsplattformen, teilnehmende Beobachtungen an den Point of Sales und allen anderen Customer Touchpoints. Ziel ist es, ein zusammenhängendes Kundenwissen aus Primärdatenerhebungen über die gesamte Customer Journey zu gewinnen.
In einem dritten Modul sollen schließlich die erarbeiteten und verdichteten Ergebnisse und Erkenntnisse mit dem Unternehmen in einem Workshop auf ihre Umsetzbarkeit hin diskutiert werden und entsprechende Maßnahmen initiiert werden.
Themenfelder sind
- Was ist und wie kommen wir an relevantes Kundenwissen (Customer Insights)?- Wie kann der Prozess einer Customer Centricity Strategie- und Kulturentwicklung aufgesetzt werden?- Wie fließen diese am besten und effizientesten in die Produkt- und Serviceentwicklung ein?
Ziel ist die Einbindung und Synchronisation aller Unternehmensbereiche, also nicht nur der Kundenschnittstellen.
Customer Zooming bringt die notwendigen Erkenntnisse und Grundlagen zu einer effizienten Kundenstrategie
Mit dem Customer Zooming sollen Grundlagen geschaffen werden, um in der Folge Maßnahmen und Aufgaben in vier Zielbereichen zu entwickeln. Je nach individueller Situation des Unternehmens und den Zielvorstellungen des Top Managements werden daraus die umzusetzenden Maßnahmen abgeleitet.
Das richtige Kundenwissen: Von punktuellem Kundenfeedback zur systematischen und vernetzen Wahrnehmung der Kundenbedürfnisse, -erfahrungen und -wünsche.
Die passende Unternehmensstrategie: Vom „Insight Out“ zum „Outside In“ Modell bzw. von der Produktorientierung zur Kundenorientierung.
Die maßgeschneiderten Produkte und Services: Vermehrte Segmentierung, Personalisierung, Dynamisierung sowie Digitalisierung und ihre Auswirkungen auf die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen.
Die geeignete Kundenkultur: Reflektieren die Unternehmenswerte, die Kommunikationsinhalte und -kanäle die angestrebten Kundensegmente? Wie diese entwickeln?
Beyond Big Data – Kunden sind mehr als nur Daten …
Häufig werden bezüglich des Sammelns von Kundendaten, v.a. bei großen Datenmengen, falsche Versprechen gemacht oder es gibt überhöhte Erwartungen an das Ergebnis. So werden oft Aufwand und Kosten der Datengenerierung und -auswertung unterschätzt. Das Gleiche gilt noch mehr für das mögliche Risiko von Fehlschlüssen bei der Datenauswertung. Denken wir doch an die Fehlerhaftigkeit von Konjunkturprognosen oder auch Wetterprognosen. Diese zu revidieren ist schon fast ein Bestandteil der Prognosen.
… und manche Datenkorrelationen sind Käse
Meist liegen die Fehlerursachen in häufig parallel laufenden Entwicklungen („Scheinkorrelationen“), bei denen rein zahlenmäßig ein Zusammenhang besteht. Der Medizinstatistiker G. Antes gibt hierzu ein anschauliches Beispiel: Der Käsekonsum in den USA folgt praktisch der gleichen Kurve wie die Zahl der Todesfälle durch Verheddern im eigenen Bettlaken. Während es hier wohl noch offensichtlich ist, dass man durch Reduktion des Käsekonsums die Todesraten durch Verheddern im eigenen Bettlaken natürlich nicht reduzieren kann, so steigt mit Big Data die Gefahr von trügerischen Scheinkorrelationen, die dann für Unternehmen fatale Folgen haben und sehr teuer kommen können.
Autor: Mag. Dr. Daniel O. Märki. Bei Fragen zum Thema senden Sie uns bitte ein E-Mail an info(at)wellnessworldbusiness.com mit dem Betreff: „Customer Zooming“!
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