„Es war eine wunderschöne Woche. Aber bitte nicht weitersagen, es ist ein Geheimtipp!“ Derlei Kommentare finden sich zuhauf im Internet unter den Bewertungen von Ferienunterkünften. Ja, zum einen studiert man selbst sämtliche Kommentare bis ins Detail, um das Allerbeste für die schönste Zeit im Jahr ausfindig zu machen. Zum anderen möchte man Liebgewonnenes dann doch lieber mehr für sich alleine haben und nicht mit Massen anderer Erholungssuchender teilen. Ein Widerspruch, der gerade im digitalen Zeitalter schwer zu halten ist. Aber bedeutet die Digitalisierung wirklich das Aus für alle Geheimtipps? Wenn alles im Internet dokumentiert wird und jeder darüber nachlesen kann, schon. Vor allem wenn der Ausbau des digitalen Netzes bis ins kleinste Tal und den höchsten Berg weiter vorangetrieben wird. Jeder ist auf der Suche nach dem einen speziellen Ort, an dem alle Sehnsüchte erfüllt werden und wenn er ihn dann gefunden hat, wird das voller Freude mit allen im Web geteilt. Aus dem verträumten Geheimtipp wird im Handumdrehen ein überrannter Tourismusmagnet. Das ist oftmals auch gar nicht im Sinne des Betreibers, weil dieser nicht die Kapazitäten hat, um Ströme von Touristen abzufertigen. Was im ersten Augenblick etwas paradox erscheint, kann aber genauso zum Ende eines Betriebes führen wie ausbleibende Gäste. Relevanz ist das wichtigste Kriterium für das Nutzererlebnis. Nur dieser wunderbare Ort ist zu diesem Zeitpunkt relevant für den Reisenden. Aber wie relevant ist der Reisende für den wunderbaren Ort?
Weil der Mensch zählt. Es herrscht Einigkeit darüber, dass der digitale Wandel dem Tourismus viele Möglichkeiten bietet. Um die Chancen für sich nutzbar machen zu können, muss viel Arbeit und Geld in die Digitalisierung gesteckt werden. Für kleine Betriebe und Familienunternehmen, die mit wenig Personal auskommen (müssen), ist das ein Kraftakt, den sie kaum bewältigen können. Zu den täglichen Aufgaben kommt die regelmäßige Aufarbeitung der digitalen Daten hinzu. Vorausgesetzt, das technische Equipment steht bereits zur Verfügung und kann bedient werden. Kommen die Anschaffung und das Absolvieren diverser EDV-Kurse noch hinzu, bildet sich ein digitaler Rückstau, der nur mehr schwer aufzuarbeiten ist. Es droht die Gefahr, dass dadurch eine der Kernkompetenzen des Tourismus in den Hintergrund rückt: die Dienstleistung am Gast. Doch genau das ist es, was ein Hotelier oder Gastwirt tun möchte – sich um seine Gäste kümmern, sie bewirten und ihnen Gutes tun. Diese Soft Skills können mitunter zum wichtigsten Kriterium werden, um sich von den Mitbewerbern abzuheben und aus der Masse hervorzustechen. Seine eigenen Stärken erkennen und für den Erfolg des eigenen Betriebes nutzbar zu machen, ist das wertvollste Gut, das ein Dienstleistungsunternehmer in Zeiten wie diesen hat. In eine hochwertige Ausstattung zu investieren und vielerlei Extras zu offerieren ist mit einem gewissen finanziellen Aufwand für viele Unternehmer machbar. Mitarbeiter aber, die sich mit viel Liebe um ihre Gäste kümmern, voller Enthusiasmus von eigenen Erlebnissen erzählen und dem Gast so das ehrliche, authentische Lebensgefühl einer Region näherbringen, können nicht durch Technik ersetzt werden. Sie haben einen viel größeren Mehrwert als der vergrößerte Infinity-Pool oder die fünfte Sauna mit Panoramaausblick. Der Gast weiß längst, was ihn im Urlaub vollkommen zufriedenstellt.
Mensch versus Maschine: Werden wir bald nur noch von Robotern bedient?
Die Digitalisierung bringt eine Veränderung in den Arbeitsstrukturen mit sich. Mitarbeiter werden nicht gänzlich ersetzt, aber unbeliebte Aufgaben werden künftig Maschinen übernehmen. Künstliche Intelligenz wird das gesellschaftliche Leben verändern. Roboter im Servicebereich sind längst keine Zukunftsvision mehr. Es gibt sie bereits, sie werden – zumindest in unseren Breitengraden – noch recht zurückhaltend eingesetzt. Die Hotelkette Hilton bietet mit „Connie“ einen Concierge-Roboter, der mit den Gästen interagieren kann. Er lernt ständig dazu und kann dementsprechend seine Vorschläge nach jeder gestellten Frage optimieren. Er ist - wie die anderen auf der Watson-Technologie basierenden Robotik-Entwicklungen von IBM - selbstlernend. Ein anderes erfolgreiches Beispiel ist „Pepper“, ein humanoider Roboter, der als „einfühlsamer Berater für Kunden, unterhaltsamer Reisebegleiter auf Kreuzfahrten und geliebtes Familienmitglied“ angepriesen wird. Er kann menschliche Emotionen erkennen, auf intelligente Weise darauf reagieren und ist somit in der Lage, sowohl einfache, als auch komplexe Dinge zu erledigen. Pepper wird bereits auf Luxus-Kreuzfahrtschiffen, in der Hotellerie und der Gastronomie eingesetzt. Der 120 Zentimeter große Roboter sieht richtig niedlich aus mit seinen dunklen Kulleraugen und den kindlichen Gesichtszügen. Deshalb wird er akzeptiert. Weitaus größere Akzeptanz genießen die Maschinen in Asien. In einem Hotel in Japan, dem „Henn-na“, haben sie bereits alle Aufgaben von der Begrüßung der Gäste bis zur Gepäckabnahme übernommen. Keiner wundert sich hier, dass Dinosaurier neben den hübschen Empfangsdamen den Check-in erledigen. Nur, menschlich sind weder die einen noch die anderen. Es sind alles mit künstlicher Intelligenz ausgestattete Maschinen, die die gleichen Aufgaben erfüllen. Die Dinos sind eine witzige Attraktion, die das Hotel seinen Gästen als Besonderheit bietet und damit nicht wenige Interessierte anlockt. Künstliche Intelligenz wird in Japan eben ganz anders wahrgenommen. Die Menschen erkennen sie als eine Bereicherung für ihren Alltag an und nicht als Bedrohung.
Maschinen übernehmen. Ist das also die Zukunft des Tourismus? Werden Maschinen bald Menschen ersetzen? Der Gedanke an humanoide Roboter und künstliche Intelligenz macht uns Angst. Aber wir akzeptieren Pepper, weil er wie ein Kind aussieht und uns durch seine Fähigkeit, unsere Emotionen zu erkennen, fasziniert. Soll er uns also auf dem Kreuzfahrtschiff herumführen und unseren Kaffee servieren oder doch lieber ein realer Mensch? Einer, der uns mit viel Schmäh Geschichten aus seiner Heimat erzählt oder uns einfach nur mit einem lieben Lächeln den Tag versüßt. Das entspricht wohl eher unserem Verständnis von Glück. Die sozialen Kontakte sind ein wichtiger Bestandteil eines Urlaubs. Vielen Reisenden ist es wichtig, unterwegs neue Menschen kennenzulernen. Wir verreisen, um fremde Kulturen und andere Gepflogenheiten zu entdecken. Wenn es uns gut geht, lassen wir uns gerne auf einen netten Plausch mit dem Kellner ein oder lauschen den Gstanzln der Hüttenwirtin. Diese Erlebnisse sind mit Emotionen verbunden und bleiben deshalb im Gedächtnis. Wir erinnern uns gerne zurück an diesen Aufenthalt damals bei den netten Leuten. Das macht einen schönen Urlaub aus.
Arbeit entlasten. Letztendlich kann es also nur darum gehen, mithilfe von Robotern und Sprachassistenten Arbeitsprozesse zu erleichtern und die Mitarbeiter zu entlasten, sodass mehr Zeit für den Urlauber bleibt. „Digitalisierung im Tourismus kann immer nur Mittel zum Zweck sein. Ein Roboter wird niemals die Gastgeberrolle von qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern übernehmen können“, so Berend Tusch, Vorsitzender des vida-Fachbereichs Tourismus, anlässlich des ÖHV-Kongresses zum Thema „Dienstleistung - made by Humans?" Mitte Jänner in Wien. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Hotels oder einer Gaststätte werden immer die Seele des Hauses sein und genau das wollen und erwarten sich die Gäste“, ist der vida-Gewerkschafter überzeugt. Somit brauche sich der Tourismus aber auch nicht vor der Digitalisierung zu fürchten. Die neuen technologischen Möglichkeiten werden nur Routinetätigkeiten, etwa im „Housekeeping“, übernehmen und keine Jobs kosten. Roboter werden zwar sicherlich in einigen Bereichen Einzug halten, die menschliche Dienstleistung wird aber durch nichts zu ersetzen sein“, steht für Tusch außer Zweifel. Auch die Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) Michaela Reitterer ist überzeugt: „In dem Moment, wo der Gast durch die Hoteltür hereinkommt, will er von einem Menschen betreut werden.“ Immerhin 58 % der Befragten einer Umfrage von Travelzoo Norstat gaben an, dass sie sich mit einem Roboter als Rezeptionisten wohlfühlen würden. Allerdings nur, wenn auch menschliche Hotelmitarbeiter anwesend sind. Der Einsatz eines Roboters als Hotelportier, der das Gepäck aufs Zimmer bringt, wird schon von 68 % begrüßt. Die Zukunft wird also eine gemischte sein, denn wie es scheint ergänzen sich Mensch und Maschine optimal. So prognostizieren es Forscher für Künstliche Intelligenz wie Tom Gross, Professor am Lehrstuhl für Mensch-Computer-Interaktion an der Universität Bamberg in Deutschland.
Fazit: Tourismusanbieter stehen heutzutage vor ernsthaften Herausforderungen, um in der digitalen Welt mithalten zu können. Solange Menschen die wichtigste Ressource eines Unternehmens sind, ist Menschlichkeit ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Sie ist die gemeinsame Sprache aller Kulturen. Die Digitalisierung erfordert eine neue Menschlichkeit. Der richtige Mix macht es aus: Die Maschine soll und wird den Menschen nicht ersetzen. Vielmehr geht es um eine geschickte Kombination und Ergänzung von beiden. Technik dort, wo sie ein Mehr an Input liefern kann. Die Ressource Mensch kann aber niemals ganz ersetzt werden, sie macht doch einen wesentlichen Teil des Erfolges eines Urlaubsortes aus. Letztlich wird immer der Gast entscheiden, welche Quelle er nutzt, um sich Informationen für seine Reise zu beschaffen. Diese Wahl muss man ihm lassen. Doch interessant ist, dass noch vor ein paar Jahren in einem Artikel der renommierten New York Times behauptet wurde, dass „Künstliche Intelligenz“ (KI oder AI - Artificial intelligence) den Menschen erst in 100 Jahren schlagen werde. Aber schon im letzten Jahr war die Maschine besser als der chinesische Go-Meister Ke Jie. Daher darf man gespannt sein, was Roboter noch lernen werden. Wir tragen hier auch eine große Verantwortung in welche Richtung sich die Technologie entwickeln wird.
Infobox:
Digitalisierung im Tourismus …
… ist eine unumkehrbare Entwicklung, die wir für uns nutzen sollten: 56 %
… unterstützend ja, aber wir sind immer noch eine Dienstleistungsbranche: 22 %
… die Menschen müssen immer im Mittelpunkt stehen: 22 %
Quelle: Befragung des Trendbarometers der österreichischen Tourismuspresse
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