Es werden ständig neue Spa-Produkte entwickelt. Damit verbinden sich unterschiedliche Zielvorstellungen: Entwickler möchten bestehende Produkte verbessern, neue kreieren oder unbekannte Anwendungsdimensionen erreichen. Gäste wünschen sich ein optimales Entspannungs- und Regenerationserlebnis. Spa-Betreiber wollen ihre Kunden mit neuen, exklusiven Angeboten überraschen, einzigartige Erfahrungen bieten. Unterschiedliche Ansprüche müssen also berücksichtigt werden. Wie verpackt man ein neues Produkt optimal? Wie findet man die richtige Botschaft, die auch emotional überzeugt?
Botschaft passend zum Inhalt
Wellness-Pionier Heinz Schletterer, Gründer des gleichnamigen Unternehmens für Spa-Planung, Design und Consulting, darüber, wie man den Wellness-Gast gewinnt: „Mit einer Botschaft, die seine Erwartungshaltung noch übertrifft. Sie muss die Wünsche des Gastes wahr machen, wobei es wichtig ist, dass Versprechungen nicht nur eingehalten, sondern sogar übertroffen werden. Dies erreicht man am besten durch Feingefühl, psychologisches Gespür und fachlichen Sachverstand, Kenntnis der Herkunftsmärkte der Gäste und Wissen um zukünftige Trends.“ Seine Firma verfügt über eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung, um innovative Produkte mit einer schlüssig nachvollziehbaren Story zu lancieren. Schletterer rät, eigene Vorlieben und Stärken zu analysieren, um ein passendes, authentisches Angebot zu entwickeln: „Besser ein erfolgreiches Nischenprodukt als etwas, was alle anderen auch haben.“ Im Spa-Verkauf spielen neue Kosmetik-Produkte eine große Rolle. Uschi Auer, Marketingleiterin bei Dr. Spiller Biocosmetic, erläutert: „In der Regel haben wir zuerst das Thema, kreieren dann Produkte und die Story dazu. Auftritt und Geschichte müssen zu den Wirkstoffen passen. Anregungen kommen aus dem Team, aber auch von Kunden.“ Dr. Spiller Biocosmetic hatte vergangene Weihnachten eine neue Südsee-Linie am Markt lanciert. Bei dieser wurden Design und Botschaft auf das Thema abgestimmt. Uschi Auer: „Das Gleiche ist bei der Produktlinie Alpenrausch mit heimischen Alpenkräutern erfolgt: Inhalt und Story müssen zusammenpassen. Unsere Bio-Linie hat beispielsweise die Farbe Grün bekommen. Das Modell soll eine natürliche, sympathische Ausstrahlung haben. Das Konzept muss in sich schlüssig sein, alles andere lässt sich nicht verkaufen.“ Auch Fotos werden entsprechend gewählt: Südsee-Produkte implizieren andere Modelle und Motive als Kosmetika mit Alpenkräutern. Uschi Auer zur werblichen Umsetzung: „Wir arbeiten mit einer Werbeagentur, die den Kommunikationsprozess begleitet. Die Story steht jedoch vorher - es geht dann ,nur noch‘ um die werbliche Umsetzung.“
Trends berücksichtigen: Bio und Nachhaltig
Welche Faktoren sind bei der Suche nach der passenden Werbebotschaft zu berücksichtigen? Dr. Eva-Maria Adamer-König, Leiterin des Studiengangs „Gesundheitsmanagement im Tourismus“ am FH Joanneum, beschreibt Trends in der Spa-Branche: „Im Moment zieht alles, was mit Nachhaltigkeit, Ökologie, dem Label ‚Green Spa‘ beworben wird. Den Gästen sind ökologische und biologische Angebote sehr wichtig: das Frühstücksei vom Biobauern, eine Heizung, die mit Hackschnitzeln betrieben wird, Energiegewinnung durch Sonnenkollektoren. Am erfolgreichsten ist es, Produkte mit ‚Health and Sustainability‘, also Gesundheit und Nachhaltigkeit, zu etikettieren.“ Die Zielgruppe sind „Lohas“, nach dem englischen Begriff „Lifestyles of Health and Sustainability“, also Personen, die einen bewussten, gesunden Lebensstil pflegen, ausgerichtet an Prinzipien der Nachhaltigkeit – meist mit überdurchschnittlichem Einkommen. Sie achten auf die sozialen und ökologischen Folgen ihrer Kaufentscheidung. Dieser Konsumententyp schätzt Urlaub mit Naturbezug und Bioprodukte. Adamer-König: „ Für Lohas ist Authentizität wichtig: der Ayurveda-Arzt soll aus Indien kommen, das Lavendelöl aus der Provence. Auch Regionalität ist wesentlich: die Biolebensmittel sollen vom Bauernhof ums Eck kommen. Diese Trends kann man auf die einzelnen Produkte herunterbrechen. Bei Kosmetika wird zum Beispiel nicht mehr nach der teuersten Hautcreme gefragt, sondern nach Produkten, die paraffin- oder mineralölfrei sind. Außerdem wollen die Kunden wissen, woher die Bestandteile kommen.“ Heinz Schetterer bestätigt das: „Folgende Megatrends lassen sich festmachen. Erstens Prävention, Gesundheit, Eigenverantwortung. Entsprechende Angebote werden vom Gast besonders honoriert. Alles, was Gesundheit, Wellness, Wohlfühlen mit einem unvergesslichen Urlaubserlebnis verbindet, bietet Mehrwert für den Gast und hat entsprechend hohe Akzeptanz. Zweiter Megatrend ist Individualisierung: Das Herausstechen, klare Erkennbarkeit gegenüber Mitbewerbern sind unabdingbare Voraussetzung für nachhaltigen Erfolg. So können gezielt Zielgruppen erreicht und mit speziellen Angeboten begeistert werden.“ Wer also eine Neuheit mit „gesund“, „nachhaltig“, „ökologisch“, „bio“, „authentisch“ oder „regional“ bewirbt, kann mit Erfolg rechnen.
Erlebniswert: Eigenkomposition statt Einheitsmusik
„Innovative Überwindung des bisher passiven Zuhörens herkömmlicher Massage- und Wellness-Musik“, so wurde ein neues Musikprodukt vom amerikanischen Internet-Wellness-Portal SpaFinder unter den Top Ten der Spa-Trends 2012 vorgestellt. Es handelt sich um ein System, mit dem die Bewegungen des Masseurs in Echtzeit in Musik umgesetzt werden. Es besteht aus Sensoren an den Oberarmen des Therapeuten, einem kleinen Computer und Lautsprechern. Damit werden die individuellen Massage-Aktionen in eine einzigartige Komposition umgewandelt. Das Klangbild wird zudem vom Tages- und Jahreszeitpunkt sowie den Mondphasen beeinflusst. Birgit Matanisiga vertreibt die Neuheit im deutschsprachigen Raum. „Durch die Musik sind Therapeut und Klient eng miteinander verbunden. Der Masseur erzeugt mit seinen Händen eigene Klangmuster. Der Gast erlebt eine sehr intensive Entspannung. Indem er die auf CD gebrannte Komposition mit nach Hause nimmt, kann er sich jederzeit wieder in das Erlebte zurückversetzen.“ Entwickelt haben es die Designerin und Künstlerin Monica Bertini und ihr Bruder Luca, Musiker und Komponist. Für ein neues Produkt muss auch ein passender Name gefunden werden. Die Bertini-Geschwister: „Wir entschieden uns für den Namen Muusa, das türkische Wort für Muse, die griechische Göttin der Kreativität. Das passt sehr gut, weil die Gäste mit ihrem Körper eine Muse für die Aktionen des Therapeuten darstellen. Muusa erinnert an Massage, Musik, Mond, Movement.“ Die Produktneuheit erfüllt unterschiedliche Bedürfnisse: Den Gästen wird ein neues, ungeahntes Erlebnis geboten, Spas werben mit einem Unique-Selling-Point, durch Mitnahme und Zurückerinnern ist Nachhaltigkeit gegeben.
Werbung mit Storytelling
Eine Methode, um passende Werbebotschaften zu kreieren, ist Storytelling, zu Deutsch: Geschichten erzählen. Wissen und Erfahrungen der Mitarbeiter werden erfragt, um Werte der Unternehmenskultur zu erfassen. Die Essenz der Erzählungen wird oft bildhaft dargestellt. Geschichten erregen Neugier und Anteilnahme, sind einfacher zu merken als nüchterne Fakten, berühren emotional. Infos werden so verständlicher und unterhaltsamer. Ein Beispiel ist die Internetseite von Coca-Cola, auf der spannende Geschichten geboten werden. So erzählen u.a. Kriegsveteranen ihre Erlebnisse mit dem Brausegetränk in den 1950er Jahren. Laut Cola-Digitalchef Ashley Brown sind 44 Mitarbeiter mit der Redaktion beschäftigt. Kostenpunkt: mehrere Millionen Dollar pro Jahr. Uschi Auer zum Storytelling: „Es beginnt beim Produkt, geht über Verpackung, Werbematerialien, Anzeigen für Printmedien bis zu den Behandlungskonzepten. In Schulungen wird die Story an die Wiederverkäufer vermittelt.“
Der Anbieter ist Teil der Botschaft
Nicht nur das Produkt, auch der Anbieter ist Teil der Werbebotschaft. Gesundheitstourismus-Expertin Adamer-König erläutert, wie Anbieter punkten können: „Gästen ist wichtig, dass das Wellness-Hotel nach Prinzipien der Corporate Social Responsibility arbeitet. Das heißt, Mitarbeiter gut zu behandeln, Charity-Aktionen zu machen, soziale Verantwortung zu übernehmen. Das kommt besonders gut an.“ Uschi Auer über die Rolle des Anbieters: „Der Trend geht Richtung Ganzheitlichkeit. Der Kunde will ein Rundum-Wohlfühlpaket. Das Spa soll das Bedürfnis nach Pflege, tiefer Entspannung, Loslassen, Abstand vom Alltag befriedigen. Wir kreieren zunehmend Konzepte, die über reine Pflege hinausgehen, sondern auch Körpermassagen, Handbehandlungen, Kräutertees beinhalten. Das Ganze muss eingebunden sein in ein Spa-Konzept mit entsprechender Raumgestaltung sowie persönlicher und fachlicher Kompetenz der Mitarbeiter.“ Gesine Neumann, PR-Lady des Kosmetikherstellers Ligne St.Barth, ergänzt: „Die Gäste wollen Kontinuität, verbunden mit neuen Inputs. Sie genießen das Programm mit natürlichen und nachhaltigen Wirkstoffen. Sie schauen aber auch auf höfliche, freundliche und umsichtige Mitarbeiter.“
Folgen Sie Ihrem Herzen!
Jemand, der es perfekt verstand, Produkte mit einer emotionalen Botschaft zu verkaufen, war Steve Jobs, Apple-Gründer und Erfinder von iMac, iBook, iPod, iPhone, iPad etc. Er verpasste nüchternen technischen Geräten Attribute wie cool und hipp. Seine Neuheiten bekamen binnen kürzester Zeit Kultstatus. 1997 lancierte Jobs die Werbekampagne „Think different“, eine Lobeshymne auf Querdenker und Visionäre, mit berühmten Persönlichkeiten aus Politik, Film, Kunst, Wissenschaft. In dem Spot wurde kein einziges Mal ein Produkt genannt, nur zum Schluss war der Slogan „Think different“ vom bekannten Apfel-Logo gekrönt. Die Kampagne wurde eine der populärsten in der Geschichte der Werbung. Apple ist heute die wertvollste Marke der Welt, mit einem Wert von 183 Milliarden US-Dollar. Auch wenn Computer- und Unterhaltungsindustrie nicht mit der Wellness-Branche zu vergleichen ist, so gilt doch folgendes Zitat von Steve Jobs für alle: "Ihre Zeit ist begrenzt, also verschwenden Sie sie nicht. Lassen Sie sich nicht von Dogmen in die Falle locken. Lassen Sie nicht zu, dass die Meinungen anderer Ihre innere Stimme ersticken. Am wichtigsten ist es, dass Sie den Mut haben, Ihrem Herzen und Ihrer Intuition zu folgen. Alles andere ist nebensächlich." (Stanford University, Commencement Speech 2005)
Storytelling:
Wird nicht nur in der Werbung eingesetzt. In Unternehmen wird es verwendet, um Mitarbeitern Firmenwerte und -tradition zu vermitteln, aber auch, um Ressourcen zu wecken. Die Erzählungen der Belegschaft werden ausgewertet, um Prozessschwächen aufzudecken. Es wird in der Psychotherapie benutzt, um Informationen über den Patienten zu erhalten und mit ihm Lösungsstrategien zu erarbeiten. Es wird in Schulen eingesetzt, um Kindern Freude am Lernen zu vermitteln und ihre Kreativität zu fördern. Auch am Theater bei der Erarbeitung eines neuen Stücks wird Storytelling angewandt. Last, but not least gibt es heute (wieder) professionelle Geschichtenerzähler, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen.
ZUSAMMENFASSUNG
Zur Produktentwicklung gehört die Kreation von entsprechender Verpackung, Werbebotschaft und -kampagne. Relevant ist, dass diese stimmig zum Produkt passend. Zugkräftig ist, dem derzeitigen Bedarf nach Ökologie, Nachhaltigkeit und Regionalität entgegenzukommen. Neu kommt hinzu, dass auch der Anbieter die Werbebotschaft überzeugend präsentiert muss, z. B. durch Berücksichtigung von CSR-Prinzipien. Unternehmen setzen in der Werbung neuerdings auf Storytelling, um Kunden mit emotionalen Geschichten statt mit nüchternen Fakten zu gewinnen.
ZITAT:
„Manchmal trifft euch das Leben mit einem Stein. Verliert euren Glauben nicht. Die einzige Weise, wie ihr eine großartige Leistung vollbringen könnt, ist, dass ihr liebt, was ihr tut."
-Steve Jobs (Stanford University, Commencement Speech 2005)
WELLNESS WORLD Business 02/2013